Misstrauen (Februar, 8-9)

März 1, 2006  
Themen: Mexiko

In La Reforma angekommen, einem Dorf in der Nähe von Rķo Chancalį in Direktion von Crucero Pińa, liefen wir die Strasse bergauf entlang, um einen günstigen Platz zum weitertrampen zu finden. Wir wollten in die Berge, was wir den Neugierigen in La Reforma auch verrieten. Ein Herr meinte, dass es in den Bergen Löwen und Tiger gäbe, was aber von anderen Einwohnern wiederlegt wurde. Einzig Schlangen, mitunter recht gefährliche, könnten unsere Wege kreuzen. Eine Frau riet uns dann an, lieber eine Bleibe für jenen Tag zu suchen, bevor wir unseren Weg fortsetzten. Es war schon nach vier und ihrem Rat folgend, fragten wir uns bis zu Clemente durch.

Clemente ist für den Kirchendienst in La Reforma zuständig. Wir fanden ihn alsbald und fragten, ob er uns die Erlaubnis geben könnte, irgendwo in La Reforma unser Zelt aufzustellen. Er war erst sehr skeptisch, lud uns aber später in sein Haus ein. Wir erklärten ihm, warum wir reisen und gerade den Kontakt zu Menschen wie ihm suchten. Daraufhin lud er uns ein, seine auf Bergen angebauten Mais- und Chillifelder zu besuchen. Auf die mit JA beantwortete Frage, ob wir den Fluss sehen wollten, führte er uns kurze Zeit später steil abwärts. Alles war nass, super glitschig und mit kleinen Wasserterrassen versehen. Um uns den Weg hinunter zum Fluss zu erleichtern, schlug er uns mit seiner Machete zwei
Äste ab und machte Wanderstöcke daraus. Ich hätte im Leben nicht geglaubt, dass wir heil und trocken unten ankommen, was aber mit seiner Führung tatsächlich möglich wurde. Der Anblick der kleinen Lagune, die in den Fluss gebettet und mit glasklarem Wasser gefüllt war, versetzte uns in Erstaunen. Tief im Wald, oder besser Dschungel, fand sich also solch eine Schönheit! Die Lagune ist wohlbekannt unter den Einheimischen, da sie für regelmäßige Bäder genutzt wird. Clemente legte dann Steine über den Fluss, damit wir weiterlaufen konnten. Es war ein abenteuerlicher Abstecher in den Dschungel der Chiapas-Berge. Wir lernten dabei auch den Pfefferbaum kennen, aus dessen Blättern bei mangelndem Kaffeevorrat Tee gekocht wird. Cobras und anderen gefährlichen Schlangen begegnet man seinen Erklärungen nach am Besten mit einem leisen Rückzug (vorsichtig und langsam rückwärts laufen) oder indem man mit einem robusten Wanderstock einen kräftigen Hieb auf den Hinterkopf der Schlange ausübt. Fragt sich nur was passiert, wenn man ungeübt ist und den Hinterkopf nicht trifft… ;O

Wir schliefen in der Nacht im Schuppen, der als Kinderzimmer umgebaut war, zusammen mit Oma Marina und dem Sohn von Clemente. Wir schliefen auf dem Fußboden samt unserer Matratzen. Am Morgen gabs ein kaltes, aus dem Wassereimer zu schöpfendes Bad und Tomatenreis mit selbstgebackenen Mais-Tortillas. Mh, war das lecker! Dagegen sind die Tortillas aus dem Laden eine Schande.

Clemente erzählte uns viel über die schwierigen Umstände, unter denen die Menschen in den Bergen leben. Viele haben nicht genug zu essen, kein Haus über dem Kopf und keine Arbeit. Das führt zu Frustration, Gewalt und einer starken Abneigung gegenüber Fremden. Unsere Idee, die Menschen in den Bergen näher kennenzulernen und die Lagandones zu besuchen, gaben wir vorerst auf. Erstens wegen den Schwierigkeiten, das Vertrauen der Einheimischen zu erlangen, zweitens, da die Lagandones, ein Eingeborenenvolk, das bekannt ist für seine umfangreichen Kenntnisse der Natur und natürlicher Heilmittel, beim Betreten des Reservates Eintritt verlangen würden. Clemente lud uns ausserdem ein, an einem Treffen von Gemeindemitgliedern aus der Chiapas-Gegend am folgenden Morgen in Palenque teilzunehmen. Dadurch könnte er uns den Gemeindemitgliedern persönlich vorstellen und ein erster Kontakt zu ihnen wäre hergestellt. Da uns diese Idee gefiel, versprachen wir am nächsten Tag zwischen 9 und 12 Uhr in Palenque zu sein und legten unsere Route für den Tag so, dass wir das auch schaffen konnten.

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