Wir sind in Chile
April 16, 2008
Themen: Chile
Nach drei Wochen in Lima, in denen ich mich mit einer Bronchitis herumquälte, die selbst dem stärksten Antibiotikum widerstrotzte, gab uns eine Ärztin den Tip, dass es sich hier um eine Asthma Bronchiale wegen der in Lima vorherrschenden Umweltverschmutzung handeln könnte. Wir nahmen also unsere Beine in die Hand und fanden uns zwei Tage später auf dem Weg nach Arequipa wieder, um endlich einmal wieder tief durchatmen zu können.
Mit dem Nachtbus (1030 km, 45 Soles – 11€) erreichten wir Donnerstag vormittag die wunderschöne Altstadt Arequipa, die auf über 2.000m in ihrer weißen Pracht strahlt.
Ein HospitalityClub Mitglied bot uns dort Unterkunft an. “Ihr seid in meinem Haus herzlich willkommen”, meinte sie. Nachdem wir bei ihren Eltern für ein paar Stunden auf sie gewartet hatten, schickten sie uns schließlich zu ihrer Tochter nach Hause. So dachten wir. Stattdessen wurden wir zu einem Hostel geschickt, wo weder das Mitglied lebte, noch die Besitzerin über unser Kommen informiert war. Die Übernachtung dort konnten wir uns nicht leisten (ca. € 5). Unsere Enttäuschung über diesen vergeudeteten Tag beendeten wir mit einem vegetarischen Abendmahl und der Entscheidung, uns direkt nach Chile aufzumachen.
Freitagmorgen um 4 Uhr waren wir in Tacna, der südlichsten Stadt Perus, 35km von der chilenischen Grenze entfernt. Um 8 Uhr kamen wir in Arica, Chile an. Von dort ging es per Anhalter nach Iquique, wo wir gegen Abend eintrafen.
Da ein Lonely Planet Reiseführer nicht zu unserer Reiseausstattung gehört, war die Entdeckung, dass der Norden Chiles eine einzige Wüste ist, eine wahre Überraschung. Die Einwohner behaupten, dass diese Wüste größer als die Sahara sei, denn sie reicht von der peruanischen Grenze 1000km in Richtung Santiago de Chile.
Chile ist in 13-15 Regionen eingeteilt. Neben den Namen der Regionen, verweisen die Einwohner hier meist auf die Nummern. In der Landkarte und auf Straßenschildern werden die Regionen meist mittels römischen Nummern (Region VII, Region II, etc.) angezeigt.
– Aus welcher Stadt kommst du?
– Aus Temuco.
– Wo ist das?
– In der 9. Region.
So und so ähnlich verlaufen jeweils die Gespräche über die Herkunft mit Einwohnern Chiles.
Jamir, ein HospitalityClub Mitglied, öffnete die Tür seines Hauses in Iquique und ließ uns in sein Reich eintreten. Jamir lebt mit seiner Mutter, Schwester und der 90 Jahre alten Großmutter unter einem Dach. Sein Zimmer ist eine Fundgrube für Transformerfreunde, denn auf dem Regal reihen sich etliche dieser Trickfilmfiguren in Plastikausführung aneinander. Einige dieser Figuren haben doch tatsächlich schon 22 Jahre auf dem Buckel. Unglaublich. Jamir ist außerdem Computerspielesüchtig und verbringt vor allem seine Samstage mit dem Abbau seiner aufgestauten, negativen Energien vor der Spielkonsole. Unter der Woche arbeitet er beim Militär in der Infanterie und durchkämt zu Pferd die Wüste im Norden Chiles auf der Suche nach illegalen, bolivianischen Einwanderern. Eine Arbeit, die sicher nervenaufreibend ist und ein Ventil zum Luftablassen benötigt.
Da Jamir eine Katze im Haus hat und das mit meiner Allergie nicht gerade harmonierte, wechselten wir nach nur zwei Nächten zu Jose, einem CouchSurfing Mitglied. Der lebt am Playa Blanca, ungefähr 15km südlich von Iquique. Es ist herrlich hier. Ruhe, keine Autos, das Rauschen des Meeres, Sonne, eine Waschmaschine, warme Dusche… Wir fühlen uns wohl. Während vor uns das Meer aktiv ist, liegt hinter unserem Haus eine Wüstenberglandschaft. Eine faszinierende Kombination.
Das Idyll am Playa Blanca kann sich durch ein Erdbeben in eine Gefahrenzone verwandeln. Wir müssen uns laut Jose zwar nicht viele Gedanken darüber machen, doch in dringenden Fällen – wenn die Möbel umfallen und die Fenster zerspringen – sollten wir uns schleunigst zu einigen Bäumen begeben, die sich auf den Sandbergen befinden. Er meinte, dass solch ein Fall in den letzten 100 Jahren nicht vorkam. Ein starkes Erdbeben, dass ein Fluten des Meeres zur Folge hat, ist reichlich unnormal, doch die Erwärmung der Erde kann dies leicht verändern.
Jose ist entweder in seiner Speditionsfirma aktiv oder treibt sich mit seinem Freund Cristian herum, um Paraglider-Interessierte anzulernen und Tandemflüge zu realisieren. Ach, wie gern würden auch wir einmal auf diese Weise durch die Lüfte segeln…
Vorgestern waren wir in Humberstone, einer Geisterstadt. Einst fand sich hier eine Salz und Jodmine, die um die 1880 ins Leben gerufen wurde. Heute ist sie inaktiv, doch in ihr steckt noch das Leben von gestern. Es war herrlich auf der Suche nach dem Leben vor 130 Jahren durch die verrosteten Minengebäude zu laufen und die leeren Häuser zu durchkämmen. Gut, dass das Gelände nur von einer Seite abgesperrt ist, denn es gewährte uns auf diese Weise von der anderen Seite kostenlos Eintritt. Hurra!
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