Fernando und Co. (April – July 2006)

November 9, 2006  
Themen: Belize

Waehrend der ersten Wochen unseres Aufenthaltes im The Last Resort, lernten wir zunehmend Adrianne, Antony und deren drei Soehne kennen. Die kanadische Familie hielt sich fuer 2,5 Monate in Copper Bank (Belize) auf, da Antony einen Arbeitsvertrag mit dem Besitzer des Ferienresorts abgeschlossen hatte. In ihrem riesigen Wohnwagen entfloh die Familie damit dem strengen kanadischen Winter. Um nicht in der Schule hinterherzuhinken, vereinbarten die drei Jungen mit ihren Lehrern eine Fernstudienzeit.

Die ganze Familie packte beim Um- und Ausbau des Ferienresorts mit an. Es galt 7 Cabańas neu herzurichten, die in einem voellig heruntergekommenen Zustand waren. Die Cabańas mussten verputzt, verkabelt, neu gedeckt (Dach) und gestrichen werden. Dazu galt es die Aussendusche neu herzurichten und in sechs der sieben Cabańas eine Toilette und eine warme Dusche einzubauen. Die ganze Familie schuftete sechs Wochen, um dieses Pensum zu schaffen.

Als wir ankamen, waren sie bereits in den Endzuegen dieser Arbeit. Am gleichen Tag, an dem wir aufkreuzten, kam Joe, der Besitzer des Ferienresorts, aus Kanada zurueck. Die Fuenf waren ausser sich vor Freude, da das naemlich endlich ein paar Tage Urlaub bedeutete.

Nach deren 4-Tage-Ausflug, in dem sie sich einen grossen Teil von Belize angeschaut haben, lernten wir uns erst richtig kennen. Adrianne lud uns kurzerhand auf ein Abendessen ein und hielt darauf folgend so manche Plauschstunde mit mir. Dabei ging es meistens um Fernando, den neuen Gaertner des Ferienresorts, oder um ihre drei Soehne.

Unil, Gerson, Fernando, Ercilia

Unil, Gerson, Fernando, Ercilia

Fernando wurde waehrend Joe’s Abwesenheit im Resort eingestellt. Der vorherige Gaertner, ein junger Mann aus dem naheliegendem Dorf Progresso, erledigte selten seine Aufgaben, nahm dafuer aber gerne seine woechentlichen Zahlungen sowie das taegliche Mittagessen entgegen. Zudem verschwanden Wertgegenstaende aus den Huetten, was eindeutig der Verdienst des Gaertners war. Irgendwann wurde es Antony zu bunt. Er entliess den Jungen und stellte dafuer Fernando an. Dieser wurde von der Kuechenchefin Alicia vorgeschlagen.

Mit Fernando freundete sich die Familie sofort an. Alle waren begeistert von seinem Koennen und seiner Zuverlaessigkeit. Adrianne’s Soehne schlossen mit Fernando’s elfjaehrigem Sohn Otoniel bald eine enge Freundschaft und waren von da an fast jeden Nachmittag gemeinsam unterwegs.

Adrianne und Antony waren sehr besorgt um Fernando’s Familie. Mit Fernando hatten sie naemlich eine der aermsten Familien Copper Banks kennengelernt. Da die Beiden als junges Ehepaar selbst unter Hunger litten und damit wissen, wie schwierig die Situation der Armut ist, zoegerten sie keinen Augenblick der Familie unter die Arme zu greifen. Das haben sie bereits zuvor mehrmalig in Mexiko getan.

Die Hilfe bestand aber nicht in einer finanziellen Unterstuetzung. Als sie sahen, dass die Familie noch nicht einmal ein Bett besitzt, geschweige denn mehr als eine Matraze, bauten sie zwei grosse Betten und schenkten ihnen ein paar der im Ferienresort nicht mehr benoetigten Matratzen. Zudem gaben sie ihnen einige Kuechenutensilien, da Fernando’s Familie nur ein einziges Messer besass, mit dem jegliches Essen zubereitet wurde. Als Adrianne und Antony sowie deren drei Jungs sich auf den Heimweg nach Kanada machten, hinterliessen sie der Familie zwei ihrer drei Fahrraeder, eine Menge Anziehsachen, Bettlaken, Handtuecher, Kuechenschuesseln und weitere Gebrauchsgegenstaende.

Warum aber ist Fernando’s Familie so arm? Fernando (42) wuchs in El Salvador auf. Er kommt aus einer mittelstaendischen Familie. Da er aber nicht sprechen konnte, sorgte die Familie dafuer, dass Fernando bei einem Verwandten eng verwachsen mit der Natur aufwuchs. Mit neun Jahren begann er ploetzlich zu sprechen. Irgendwann zog er zurueck zu seiner Familie, um die Schule zu besuchen. Das hielt er aber nur 11 Monate aus. Statt schreiben und lesen richtig zu lernen, lehrte man ihn Rum in Mengen zu konsumieren. Der Rum bzw. Alkohol wurde Fernando von jenem Moment an zum Verhaengnis.

Eines Tages machte sich Fernando auf, Arbeit in den USA zu suchen. Er schaffte es bis Belize, wo er seine jetzige Ehefrau Carmita kennenlernte. Carmita (25) war zu jenem Zeitpunkt gerade einmal 12 Jahre alt. Da ihr Vater sie misshandelte, fluechtete sie sich regelrecht in Fernando’s Arme, trotz das er stark alkoholabhaengig war. Zumindest war Fernando gut zu ihr, wenn auch dem Alkohol verfallen. Carmita wurde bald schwanger und bekam mit knapp 13 Jahren ihren ersten Sohn Otoniel. Bis vor einigen Jahren war es normal mit 15 Jahren zu heiraten. Meist kammen kurz darauf schon die ersten Kinder, da Verhuetung bis dato kein Thema war. Carmita war also vergleichsweise sehr jung, als sie zum ersten Mal Mutter wurde. Mit 15 Jahren gebar sie ihre Tochter Ercilia, mit 17 Jahren ihren sohn Unil. Vom Vater misshandelt, gefluechtet zu einem Alkoholiker und Mutter von drei kleinen Kindern mit gerade einmal 17 Jahren ist eine eindrucksvolle, sehr traurige Geschichte.

Ercilia, Otoniel, Gerson

Ercilia, Otoniel, Gerson

Bis das Kleinste der drei zum Laufalter ueberwechselte, hatte Carmita mit Fernando’s Alkoholabhaengigkeit zu kaempfen. Das meiste Geld, was Fernando mit Feldarbeit verdiente, versoff er, so dass die Familie die ganzen Jahre unter Hunger litt. Um zumindest ab und zu etwa Essbares zu bekommen, musste Carmita von Tuer zu Tuer gehen und betteln.

Vor sechs bis sieben Jahren wachte Fernando dann endlich auf. Er schwor dem Alkohol ab und bekam ein verantwortungsvoller Vater und Ehemann. Sein neu gefundener Glaube an Gott half ihm dabei. Er steckte all seine Energie in das Wohl seiner Familie, arbeitete von frueh bis spaet, sechs Tage die Woche. Da Fernando aber nie etwa Richtigess gelernt hat, musste er Arbeiten annehmen, die oft schlecht bezahlt wurden. Manchmal, vor allem wenn er Feldarbeit verrichten konnte, war der Lohn gut, aber die Arbeit gab es nur fuer ein bis drei Wochen, danach folgten Wochen ohne jeglichen Verdienst. Finanziell war es also trotz Fernando’s Wandlung weiterhin schwierig. Carmita ging immer noch regelmaessig um Essen betteln, um die Familie ernaehren zu koennen. Der Glaube an Gott liess die Familie aber glueecklich zusammenwachsen. Trotz der extrem schwierigen Umstaende schaffte es die Familie so zu ueberleben. Zudem bekamen sie vor einem Jahr noch einmal Nachwuchs. Gerson, der Sonnenschein der Familie ist mittlerweile 1 Jahr alt.

Erst mit der Anstellung Fernandos im Ferienresort verbesserte sich die Familiensituation ein klein wenig. Trotz dass sie immer noch sehr arm sind, hat die Familie zum ersten Mal ein regelmaessiges Einkommen. Noch dazu sieht Fernando nun taeglich seine Kinder, da er nur 5 Minuten von der Arbeitsstelle entfernt lebt. Durch die Hilfe von Adrianne und Anthony haben sich auch ihre Lebensumstaende ein klein wenig gehoben. Otoniel mit seinen 11 Jahren bekam die Moeglichkeit waehrend der Ferien und freien Tage 8 Stunden taeglich im Ferienresort zu arbeiten. Dort wird er in vielen Bereichen angelernt und erhaelt zudem einen ansehnlichen Lohn. Obwohl der weit unter dem dess Vaters liegt, da Otoniel meist nur Hilfsarbeiten verrichtet, ist es fuer einen elfjaehrigen hier in Belize ein stattliches Einkommen.

Auch wenn die Familie wohl noch lange, wenn nicht gar immer, mit finanziellen Schwierigkeiten zu kaempfen haben wird, ist mit Otoniel’s Anstellung hier im Ferienresort zumindet eine gute praktische Ausbildung fuer einen der Kinder abgesichert. Mit Otoniel’s Spass an der Arbeit, seiner schnellen Auffassungsgabe und dem kanadischen Einfluss auf seine Art zu arbeiten, wird er es spaeter hoffentlich schaffen, eine gute Existenz aufzubauen.

Zudem hatte sich Augustas Otoniel angenommen. Er brachte ihm die Benutzung von Emailprogrammen bei, half ihn mit einem interessanten Selbstlernprogramm das Zehnfingerschreibsystem zu erlernen und lehrte ihm, wie man das Textverarbeitungsprogramm WORD benutzt.

Eines Abends luden Adrianne und Antony die gesamte Familie zum Abendessen ein. Diese Einladung fuehrte zu heller Aufregung bei Fernando’s Familie. Jeder putzte sich an diesem Abend heraus als gaebe es eine Hochzeit zu feiern. Spaeter erfuhr ich von Adrianne, dass dies das erste Mal im Leben von Fernando’s Familie war dass sie zu einem Essen eingeladen wurden. Der Hochzeitsaufzug war also durchaus angebracht.

in Fernando's house; our old tent we gave to them

in Fernando's house; our old tent we gave to them

Waehrend Adrianne’s Familie noch fleissig beim Zubereiten des Festmahls waren, zog Fernandos Familie in einem sehr gemaechlichem Tempo in Direktion The Last Resort, wo das Wohnmobil von Adrianne und co. geparkt war. Da wir zu einem Abendpaziergang unterwegs waren, trafen wir den Festzug an. Wir konnten sehen und fuehlen, dass alle Familienangehoerigen mit gemischten Gefuehlen den Weg zuruecklegten, obwohl wir die Familie zu jenem Zeitpunkt noch nicht so gut kannten. Der Abend war ein voller Erfolg auf beiden Seiten. Die Familie gewann an Selbtbewusstsein und die Freundschaft zwischen Adrianne’s und Fernando’s Familie wuchs weiter.

Kurze Zeit spaeter, nachdem Adrianne mit ihrer Familie Copper Bank verlassen hatte, entstand auch zwischen Fernando’s Familie und uns ein inniges Freundschaftsverhaeltnis. Wir wolten die Gutmuetigkeit von Andrianne’s Familie fortsetzen und nahmen uns mit voller Energie den Problemen von Fernando’s Familie an.

Wir versuchten zum Beispiel ein Haushaltsbuch einzufuehren, was aber kläglich scheiterte. Der Grund lag eindeutig im kulturellen Unterschied. Zwar war Fernando’s Familie der Zweck eines Haushaltsbuchs bekannt, aber es liegt dem Belizianer einfach nicht, dieses auch regelmaessig zu fuehren (Fernando’s Aussage). Fernando samt Familie staunte allerdings nicht schlecht, als wir sie einmal die Ausgaben eines einzigen Tages aufschreiben liessen. Aber das Erstaunen lag nicht nur auf deren, sondern vor allem auf unserer Seite, da Carmita einige Tage zuvor aeusserte, dass ihr nur 5 belizianische Dollar (2 Euro) taeglich fuer das Essen der ganzen Familie zur Verfuegung stuenden. Dabei kam die Auflistung der Ausgaben an dem einen Tag schon auf 30 belizianische Dollar (12 Euro). Carmita und Fernando konnten es kaum glauben. Eigentlich hatten wir an diesem Punkt gedacht, dass sie die Notwendigkeit eines Haushaltsbuches erkennen. Fernando erklaerte uns aber nach einer Woche laechelnd, dass sie das wohl niemals machen werden, ein Haushaltsbuch kaeme fuer Sie nicht in Frage. Was konnten wir schon tun? Mit einem Laecheln akzeptierten wir ihre Entscheidung, schliesslich wollten wir sie nicht dazu zwingen.

Carmita making Tamales

Carmita making Tamales

Ein anderes Mal ging es um gesunde Ernaehrung, was vor allem Carmita interessierte. Das wir Vegetarier sind, war fuer Carmita nicht so einfach nachvollziehbar. Als wir aber erklaerten, wie wir uns ernaehren und welche Art von Speisen wir zubereiten wurde Carmita hellhoerig. Auch Fernando schaltete sich in diesem Moment ins Gespraech ein und ausserte fest ueberzeugt, dass die Familie mehr Gemuese und Obst statt Fleisch verzehren sollte. Das wuerde helfen die labile Gesundheit der Kinder zu staerken. Zu dieser Zeit fing Carmita an, uns verschiedene ihrer Gerichte anzubieten. Das Allerbeste fuer mich sind seitdem ihre Kokosbrote. Das sind eine Art Broetchen, die mit Kokosraspeln und einem Klecks suesem Sirup gefuellt sind. Im Gegenzug zu den Leckereien, die uns Carmita immer von ihren Kindern bringen lies, bereiteten wir Salat fuer sie zu. Die ganze Familie war begeistert von dem Salat, so dass ich ihr nicht nur das Rezept dazu verriet, sondern ihr bei unserer Abreise auch ein Buch ueber gesunde Ernaehrung ueberliess. Dieses hatte mir Cathy geschenkt, auf deren Haus wir waehrend der Osterzeit in Copper Bank aufgepasst hatten.

Carmita ist sehr an der englischen und spanischen Sprache interessiert. Da sie die Schule im Alter von 12 Jahren verlassen hat, was in der hiesigen Region, vor allem in den Doerfern, noch immer ueblich ist, hat sie keine der beiden Sprachen je richtig schreiben gelernt. Um ihr zu helfen zumindest kostenlos an Buecher heranzukommen, habe ich in Corozal eine Bibliothekskarte fuer Carmita besorgt. Die Karte muss nur noch von ihr ausgefuellt und vom Dorfpraesidenten abgezeichnet werden. Letzteres ist notwendig, da mit der Unterschrift des Dorfpraesidenten fuer die Zuverlaessigkeit des Bibliotheksbenutzers gebuergt wird.

Momentan hat Carmita leider keine Zeit von der Bibliothek Buecher auszuleihen. Ihr kleinster Sohn, Gerson, macht in seinem zarten Alter von 1 Jahr einfach zu viele Probleme. Ausserdem findet Gerson es sehr spanned auszureisen, seit er selbst laufen kann. Wenn ich mir jetzt vorstelle, wie Carmita in ihre Buecher vertieft in der Bibliothek sitzt, waehrend Gerson sich heimlich davonschleicht um Corozal zu entdecken, denke ich das Carmitas Entscheidung, noch ein wenig zu warten, weise ist.

Da ich staendig versuchte Loesungen fuer die schlechte finanzielle Situation von Fernando’s Familie zu finden, kam mir igendwann die Idee eines Gartens. Leider fruchtete diese Idee erst nach zwei Monaten. Das war auf verschiedene Gruende zurueckzufuehren. Fernando fand immer neue Gruende, warum er denn in jenem Moment gerade keinen Garten anlegen konnte. Die Gruende waren alle glaubhaft, aber nach zwei Monaten wurde ich einfach skeptisch. Ich wollte herausfinden, was der wahre Grund ist, denn hierbei ging es schliesslich darum, dass die Familie zumindest immer etwas zu essen haette. Ich bohrte bei Carmita und spaeter auch bei Fernando weiter. Nun endlich erklaerte mir Fernando, dass wenn sie einen Garten in ihrem Haus anlegten, die Nachbarskinder bei Abwesenheit der Familie alles Essbare stehlen wuerden. Da sich Fernando’s Familie beim besten Willen keinen uebersteigsicheren Zaun leisten kann, waere also die ganze Muehe umsonst. Fernando hat das mit dem Anpflanzen von Gemuese schon einige Male probiert, aber es war immer wieder das Gleiche: die Fruechte der Arbeit ernteten die Nachbarskinder.

Ich war sehr betroffen, als ich das Ausmass dieser Situtation begriff. Doch schon hatte ich wieder eine neue Idee. Da im The Last Resort ein grosses Stueck Land noch total verwildert ist, und auch so bleiben soll, wollte ich es darauf ankommen lassen und Joe, den Besitzer des Ferienresorts fragen, ob Fernando vielleicht einige Gemuesesorten in jenem Terrain anpflanzen duerfte. Ich besprach mich dazu ausfuehrlich mit Fernando, der auch bereits ein Auge auf diese Moeglichkeit geworfen hatte. Er meinte auch, wenn Joe ihm einen Teil des Terrains als Garten ueberlassen wuerde, waere Fernando bereit, jeweils nach der Arbeit den Garten aufzubauen, der auch fur das Resort Gemuese liefern wuerde.

Von da an dachte ich fieberhaft nach, wie ich Joe die ganze Sache beibringen sollte, ohne das er sofort eine Kontrastellung dazu einnimmt. Mir war bewusst, dass es hier um mehr als einen Gefallen ging. Es hing die Lebenssituation einer ganzen Familie daran, die durch ein JA wenigstens genug zu essen haette. Da Joe aber schon gegenueber Augustas und mir so grosszuegig war, wollte ich seine Gutmuetigkeit nicht ueberfordern. Ich war aufgeregt und jedesmal wenn Joe an mir vorbeiging klopfte mein Herz bis zum Hals. Meine Haende wurden feucht und ich wusste, wenn ich jetzt etwas sagen wuerde, koennte Joe meine Aufregung an der zitternden Stimme erkennen.

Zwei Tage nach dem Gespraech mit Fernando war es dann endlich soweit. Ich sass allein im Restaurant des Ferienresorts, als Joe pfeifend an mir vorbeigehen wollte. Ich bat Joe um einen Augenblick Zeit, den er sich gern fuer mich nahm. Oh, war ich aufgeregt! Die Symptome waren die Gleichen, wie zuvor wenn ich nur an den Moment diese Gespraechs dachte. Herzklopfen und zwar so, dass man die Halsschlagader mit Sicherheit deutlich huepfen sah, feuchte Haende, zittrige Stimme, und die Luft zum Atmen kam auch eher aus meinem Brustkorb heraus anstatt im Wechsel hinein und heraus. Mein Koerper war total angespannt, auch meine Augen wurden etwas waessrig. Joe hoerte sich die Geschichte an. Er meinte, dass er definitiv vorhabe einen Garten fuer das Ferienresort anzulegen. Dazu moechte er auch Huehner, um immer frische Eier zu haben. Allerdings war es dafuer einfach noch zu frueh. Erst wollte er die ganzen Gebaeude fertig renovieren und dann irgendwann einmal einen Garten anlegen. Als ich dann ergaenzte, dass Fernando anbot nach der Arbeit kostenlos den Garten aufzubauen und zu pflegen, horchte Joe auf. Trotzdem blieb er fest dabei, dass der Garten erst spaeter in Angriff genommen wird.

Am folgenden Wochenende berichtete ich Joe’s Entscheidung hinsichtlich des Gartens Carmita und Fernando. Die beiden waren etwas enttaeuscht. Aber mehr konnte ich zu jener Zeit einfach nicht fuer sie tun. Auch ich war traurig und sann neuen Moeglichkeiten nach.

Eine Woche spaeter passierte das Unglaubliche. Joe zahlte gerade seine Arbeiter aus, als er auch den Garten erwaehnte. Da ich ein ganzes Stueck weit von deren Runde entfernt sass, musste ich meine Ohren ganz schoen anstrengen, um mitzubekommen, was gesprochen wurde. Von den paar Brocken die ich verstand reimte ich mir zusammen, dass Joe dem Gemueseanbau zustimmte und zwar mit sofortigem Beginn. Ich konnte kaum glauben was ich da hoerte. Hatte Fernando wirklich die Zustimmung fuer den Garten erhalten? Zwei Tage musste ich noch warten, bis ich endgueltig wusste, dass Fernando auf dem Grundstueck des Resorts Gemuese, zu seinen vorgeschlagenen Konditionen, anbauen durfte.

Das mit dem Garten war also geschafft und schon wartete die naechste Herausforderung auf mich. Ercilia, Fernando’s neunjaehrige Tochter, wuenschte sich eine Puppe. Da ich aber gegen das einfahe Beschenken bin, kam mir die Idee die Puppe selbst herzustellen und zwar zusammen mit Ercilia. Dazu musste ich erst einmal herausfinden wie. Eine generelle Idee zum Puppenbau hatte ich schon aber um sicher zu gehen, dass es ein Erfolg wird, nahm ich eine Anleitung zur Puppenherstellung aus dem Internet zur Hilfe. Dann ersetzte ich die Materialien mit Rohstoffen, die wir in der Natur finden konnten sowie alten, nicht mehr gebrauchten Kleidungsstuecken.

Katja Als ich mir sicher war, dass wir alle Materialien fuer den Puppenbau zusammenhatten ohne auch nur einen Cent auszugeben, teilte ich die Neuigkeit Ercilia mit. Sie wusste noch gar nichts davon und als ich ihr diese Moeglichkeit fuer eine eigene Puppe eroeffnete, reagierte sie ein wenig zoegerlich. Ich schob das auf Schuechternheit, musste aber waehrend des zweimonatigen Anfertigungsprozesses feststellen, dass Ercilia einfach zu faul ist. Trotzdem haben wir es mit vielen Hoehen und Tiefen geschafft, aus einer kurzen Hose, einem Stueck altem Rock, einer ausgedienten Socke, grossen nicht-essbaren Samen, einem alten Seil, welches Ercilias Bruder auf dem Dach des Plumpsklos gefunden hatte, Wolle, Nadel und Faden ein ansehnliches Pueppchen herzustellen. Als ich die Haare endlich befestigt hatte und die Puppe Ercilia ueberreichte, wusste ich, dass sich die ganze Arbeit und Geduld gelohnt hatten. Wenn ich an die strahlenden Augen von Ercilia denke, wird mir ganz warm ums Herz. Ich glaube, dass Ercilia in dieser Zeit nicht nur gelernt hat wie man eine Puppe selber herstellt, sondern dass ich ihr auch ein wenig vermitteln konnte, dass wenn man im Leben etwas haben moechte, man auch etwas dafuer tun muss. Ausserdemm bin ich mir sicher, dass Ercilia diese Puppe weit mehr schaetzt, als eine gekaufte. Und da sie mir erst kuerzlich erzaehlte, dass sie ein neues Kleidungsstueck fuer ihre Puppe anfertigen wird bin ich mir sicher, dass sie dafuer nicht das so wichtige Haushaltsgeld der Familie ausgeben wird. Das war naemlich bisher ihre Lieblingsbeschaeftigung.

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