El Salvador – Mission erfuellt! (April 28 – May 2)
April 30, 2007
Themen: El Salvador
Mit Amado unternahmen wir eine ganze Menge. Am Tag unserer Ankunft machten wir einen ausgedehnten Spaziergang durch Santa Tecla (ehemals Nuevo San Salvador). Santa Tecla ist eine ruhige Stadt, zumindest in den Morgen- und Nachmittagsstunden. Amado zeigte uns einige Kirchen, die durch das Erdbeben in 2001 zerstoert wurden. Nur eine einzige dieser Kirchen wurde wieder aufgebaut, allerdings in einer moderneren Version. Fuer die anderen Kirchen steht in den Sternen, wann diese jemals wieder restauriert bzw. aufgebaut werden koennen, da die finanziellen Mittel dafuer nicht vorhanden sind.
Wir liefen durch den riesigen Markt Santa Teclas, in dem jeder seine Waren anpreist. Es war herrlich schon am Eingang von acht Frauen, jeweils vier links, vier rechts, mit Verkaufsspruechen begruesst zu werden. Der Markt wirkt auf den ersten Blick wie das reinste Chaos, hinter dessen Staenden leckere Obst- und Gemuesesorten hervorluken. Ware ist im Ueberfluss vorhanden, man muss sich nur noch die schoensten Stuecke herauspicken. Auch draussen auf der Strasse wird verkauft – ob neben einem LKW, direkt an der Strassenecke, oder im Durchgang eines Hauses.
Was in Santa Tecla besonders auffaellt sind die vielen Menschen, die auf der Strasse leben. Obdachlose sitzen oder liegen an fast jeder Ecke. Einige schlafen quer ueber den Gehweg gestreut, andere nicken auf der Treppe ein. Amado erklaerte uns, dass viele Obdachlose aus San Salvador nach Santa Tecla kommen, weil sie hier niemand vertreibt. Sie koennen friedlich in der Strasse leben, ohne angepoepelt oder verachtet zu werden. Wir haben viele Male beobachtet, wie Nachbarn aus ihren Haeusern heraustraten und ein Gespraech mit dem einen oder anderen Obdachlosen fuehrten. Die Nachbarn gaben zum Teil Essen aus, so dass die Obdachlosen wenigstens ihre Baeuche etwas stopfen konnten. Wir kamen auch
an einem noch im Rohbau befindlichem Gebaeude vorbei, dass das erste Obdachlosen-Zentrum in Santa Tecla werden soll. Dort koennen die Streuner zukuenftig naechtigen und werden mit Essen versorgt. Die einzige wiederaufgebaute Kirche hat dies veranlasst. Um die Hilfe dieses zukuenftigen Obdachlosen-Zentrums in Anspruch zu nehmen, muessen die Obdachlosen den Glauben dieser Kirche anerkennen und aktiv praktizieren.
Am folgenden Tag ueberschlugen wir uns fast vor kulturellen Veranstaltungen. Wir gingen zum anthropologischen Museum, da dieses eine kostenlose Foto-Ausstellung hatte. Die gefiel uns besonders gut, da hier der franzoesische Botschafter in El Salvador seine privaten Fotos ueber El Salvador ausgestellt hatte. Die Fotos handelten von den Menschen, die man taeglich auf der Strasse trifft: Verkaeufer, Kinder, Obdachlose, etc. Dann ging es zum Museum der modernen Kunst weiter. Bevor wir dort aber ankamen, hielt uns der Auftrieb vor dem gegenueberliegenden Gebaeude auf. Wir wurden von der Bewegung magisch angezogen und fanden heraus, dass an diesem Tage der “Tag des Tanzes” veranstaltet wurde. Tanzmaeuse vom Krabbelalter an bis zum ausgebildeten Balletttaenzer fuehrten ihr Koennen auf der Buehne auf. Wir blieben einen kleinen Teil der Veranstaltung und gingen dann zum Museum der modernen Kunst. Dort wurden wir ein wenig enttaeuscht, da statt den sonst 4 Galerien nur 2 geoeffnet waren. Trotz alledem genossen wir die Farbenkleckse auf den groesseren und kleineren Bildern.
Danach ging es zu einem naheliegenden Shopping-Center, um etwas Essbares ausfindig zu machen. Amado fuehrte uns in einen riesigen Speisesaal, in dem alle moeglichen frittierten Fleischsorten angeboten wurden. Es gab auch Pizza, Huehnchen, und – gluecklicherweise – einen chinesischen Stand. Leider verkauften dort nur El Salvadorianer und statt einfach Chow Mein bestellen zu koennen, mussten wir auf eine Extra-Anfertigung warten, da wir die Portion ohne Fleisch wollten. Alle Speisen waren naemlich mit Fleisch oder Meeresfruechten ausgestattet. Endlich am Tisch mit unserem Essen angekommen, “genossen” wir das fuerchterlichste, chinesische Mal, das wir je vorgesetzt bekamen. Aber gut, wir waren hungrig und stopften es somit in unsere Maegen hinein. Gut an dem Shopping-Center war, dass es viele kleine Details aufwies, die mein Kuenstlerauge sofort in Anspruch nahmen, und mich somit von unserem Esserlebnis komplett ablenkten.
Vollgestopft und etwas Knuelle ging es zurueck zum Haus. Bevor wir uns allerdings ausruhen konnten, wollte ich unbedingt noch einmal zum Markt. Am vorigen Tag hatten wir es aufgrund Amado´s Tempo nicht geschafft, Fotos vom Markt zu machen.
Nach einem Nachmittagsschlaefchen machten wir uns zum Zirkus auf. Da war ich zum letzten Mal zu Besuch, als ich suesse 16 Jahre auf dem Buckel hatte. Wir mussten eine Weile fuer den Einlass anstehen und nahmen dann auf wackeligen Sitzen Platz. Die Sicht war super und als die Show los ging, fuehlte ich mich wie ein kleines Kind. Alles war so unglaublich lustig und gekonnt aufgefuehrt. Der Zirkus bestand fast nur aus menschlichen Darbietungen, die mich derart zum Staunen brachten, dass ich staendig den Kopf voller Unglauben hin- und herschuettelte. Die Vorstellung war ein voller Erfolg fuer uns, denn so sind wir in unserem Leben noch in keinem Circus in den Bann gezogen wurden.
Endlich war der Tag fuer die Erfuellung unserer Mission gekommen. Wir machten uns auf, den Bruder samt Familie von Fernando zu finden. Mit Fernando hatten wir in Belize enge Freundschaft geschlossen, waehrend unseres Aufenthaltes in Copper Bank. Er erzaehlte uns damals von dem auf unerklaerliche Weise abgebrochenem Kontakt zu seinem Bruder Julio Cesar, der in seinem Heimatdorf in El Salvador lebt. Da wir eh vorhatten in El Salvador vorbeizuschauen, schlugen wir vor einem Jahr vor, auf die Suche nach seinem Bruder zu gehen. Und endlich hatten wir Gelegenheit dazu!
Wir wussten nur die ungefaehre Gegend, in der wir Julio Cesar finden konnten, hatten aber keine genaue Anschrift. Wir nahmen also fruehzeitig am Morgen einen Bus bis Sonsonate. Von dort wurden wir ein wenig in die Irre geleitet, denn ein Bus bis Coquiama gab es nicht. Es existierte nur einer nach Coquiamita, das lag aber weit von Coquiama entfernt. Wir entschieden uns letztlich fuer einen Bus nach Cuisnauath, von wo aus es nur noch 1 Stunde Fussmarsch bis Coquiama sein sollte. Im Bus verstand man uns falsch. Der Fahrer dachte wir wollten in Coquiamita aussteigen, und liess uns prompt am falschen Weg heraus. Da standen wir nun im Nirgendwo an einer Strassenkreuzung, von der aus es mindestens 3 Stunden Fussmarsch bis nach Coquiama waren. Wir berieten uns mit einigen Leuten, die zeitgleich aus dem Bus ausgestiegen waren. Es gab letztlich nur zwei Moeglichkeiten: entweder auf ein Fahrzeug warten, dass uns bis zur Weggabelung nach Coquiama mitnimmt, oder laufen. Wir entschieden uns fuer ersteres und hatten Glueck. Keine 20 Minuten spaeter tauchte ein weisser Transporter auf. Das war der Eismann, der mit einem Lautsprecher auf sich aufmerksam machte. Der nahm uns dann letztlich bis zur richtigen Abzweigung mit. Im erstbesten Haus bestaetigte man uns zusaetzlich, dass wir auf der richtigen Faehrte waren, denn die Frau kannte Julio Cesar! Waren wir vielleicht aufgeregt! Wir waren so nah!
Wir liefen den staubig-steinigen Weg mit gluecklichen Gemuetern entlang, bis wir auf Juan Duran stiessen. Dieser befand sich gerade auf seinem Feld, was er vermessen musste. Wir kamen kurz ins Gespraech und er bat um das notieren unserer Namen und Laender, um den historischen Moment unseres Aufeinandertreffens festzuhalten, um seiner Familie davon stolz erzaehlen zu koennen. Wir wuenschten einander viel Glueck und zogen weiter. Irgendwann holte uns Juan Duran wieder ein und erklaerte, dass er uns begleiten werde, da er den Weg kenne. Wie in der Bibel geschrieben steht, meinte er, wird der Wanderer nach dem Weg fragen und ihm soll geholfen werden. Genau das tat Juan Duran und wir stiefelten von nun an zu Dritt gen Coquiama. Juan Duran hob unsere schon schwebenden Gemueter noch um einiges an, was den Weg wie einen Klacks erscheinen liess. Wir fragten uns weiter durch und standen nun endlich vorm Haus von Julio Cesar.
Wir kletterten den steilen Weg zu seinem Haus hinauf und da waren wir. Wir stellten uns vor und begruessten Julio Cesar mit freudigen Gesichtern. Noch etwas ausser Puste erwaehnten wir seinen Bruder, was seinen Gesichtsausdruck angespannt und traurig machte. Er hatte wohl schlechte Nachrichten erwartet, mit denen wir ihm aber nicht dienen konnten. Wir erzaehlten ihm voll Freude von Fernando und seiner Familie. Die Fotos, die wir ihm uebergaben, schienen ihn endgueltig von dem Guten unseres Besuches zu ueberzeugen. Er betrachtete die Bilder langsam und zeigte sie dann voller Freude seiner Frau und allen Anwesenden. Wir erklaerten Julio Cesar, dass wir den Kontakt zwischen den beiden Bruedern gern wiederherstellen wuerden, was ihn ungemein freute. Wir schlugen ihm vor, dass er bereits jetzt einen kleinen Brief vorbereiten konnte, den wir Fernando zusammen mit den Fotos, die wir gerade gemacht hatten, nach Belize schicken konnten. Dafuer liessen wir die Familie kurz allein und gingen zum Dorfladen im anliegenden Grundstueck. Dort trafen wir, wer haette es gedacht, auf einen Mann, der selbst bereits mehrere Male in Belize war und sogar Copper Bank kannte. Welch ein Zufall! Zurueck bei Julio´s Familie, wurde uns der Brief ausgehaendigt. Wir schrieben ihnen die Adresse auf, unter der Julio Cesar ab sofort Briefe zu seinem Bruder schicken konnte. Am Ende konnte ich auch die Namen der Kinder von Fernando
niederschreiben, die mir aus lauter Freude anfangs nicht ueber die Lippen kamen. Wir erhielten auch zwei Telefonnummern, eine von Julio Cesar und eine von dem dritten Bruder im Bunde, die wir Fernando mitteilen konnten. Wir knipsten noch einige Fotos und mussten uns dann bald verabschieden, denn der letzte Bus nach Sonsonate fuhr schon um halb drei Uhr nachmittags.
Vom Glueck verfolgt nahm uns auf dem Rueckweg ein Transporter mit, die auf dem Weg nach Coquiama sonst wirklich selten anzutreffen sind. Wir mussten auf der vorderen Aussenkante der Ladeflaeche stehen und uns mit allen Kraeften am Gitter festhalten, damit es uns bei der
Geschwindigkeit und der holprigen Beschaffenheit der Strasse nicht vom LKW bliess. Wir waren auch auf dem Rueckweg zusammen mit Juan Duran und hatten wirklich Spass bei der ganzen Sache. An der Weggabelung nach Sonsonate angekommen, verabschiedeten wir uns von Juan, der uns gestand, dass er eigentlich noch arbeiten musste.
Der Bus rollte schon 2:15 Uhr an, so dass wir unser Glueck mit dem Transporter erst jetzt richtig zu spueren bekamen. Der Bus war eine Wonne nach dieser Zusammenfuehrungsaktion in Coquiama. Ausgestattet wie eine Wohnzimmer, verziert mit allen moeglichen Plueschtieren, gab es sogar einen Fernseher. Auf dem lief gerade eine CD mit einem Lied von John Lennon. Das passte wie die Faust aufs Auge. Geschafft aber gluecklich waren wir gegen Abend zurueck in Santa Tecla. Amado erlaubte uns, noch einen Tag laenger zu bleiben, so dass wir die bevorstehende Rueckreise nach Panama entspannt antreten konnten.
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