Ein perfekter Tag (Juli 11 – 12)
September 11, 2007
Themen: Kolumbien
Wir entschieden uns Armando in Giron, in der Nähe von Bucaramanga, zu besuchen. Armando hatte uns auf dem Weg nach Cartagena geholfen, indem er uns riskanterweise mit seinem Lieferwagen voller Fisch einige hundert Kilometer mitgenommen hatte. Er lud uns damals herzlich zu sich nach Hause ein und diese Einladung wollten wir nun gerne annehmen.
Um aus Cartagena herauszukommen mussten wir einen Bus nehmen, der voraussichtlich etwas weiter aus der Stadt herausfährt. Leider war dem nicht der Fall. Der Bus hielt noch vor dem Flughafengelände an, was für uns hieß, entweder bis zum Stadtende laufen oder aber noch mitten in der Stadt eine Mitfahrgelegenheit finden. Da die Strasse, an der uns der Bus herausgesetzt hatte, geradewegs am Strand lag. Die Gegend was reichlich unbelebt, außer einer Vielzahl von Fischersleuten, die gerade die Netze einholten. Wir fühlten uns unwohl bei dem Gedanken, die Strecke mit unserem Gepäck entlangzulaufen. Wir liefen ein Stück, bis wir zumindest Platz zum Anhalten hatten. Wir standen nun direkt neben der Abflugbahn der Flugzeuge, vor dessem Tor ein Soldat stand. Das gab uns etwas Sicherheit. Während wir warteten flogen vereinzelt Flugzeuge ab. Das war so überwältigend, ich bekam richtig Angst. Keine 20 Meter über uns hoben die Kolosse in den Himmel ab, tösten mit einem Höllenlärm und bliesen uns fast von der Strasse.
Wir schafften es, trotz des regen Verkehrs, ein Auto anzuhalten. Leider ließ genau dieses uns wieder stehen, weil der Fahrer wegen unserem Gepäck geschockt war. Dabei haben wir doch gar nicht so viel… Wir hatten erneut Glück und bekamen einen Lift bis zu einer Kreuzung außerhalb Cartagenas, an der sich die Landstraße in zwei teilt. Unser Fahrer wollte einfach rechts abbiegen, da musste ich ihn in seiner Aktion stoppen. Ich wusste, dass er nur ein kleines Stück weiter bis zu einem Dorf fahren wird und wir auf dem Hinweg die Strecke geradeaus genommen hatten. Ich beriet mich also kurz mit Augustas, der auf der Ladefläche des Transporters sass. Der Fahrer bestand darauf, dass er uns auf die beste Strecke in Richtung Barranquilla bringen würde, doch wir lehnten dankend ab. Die von ihm vorgeschlagene Strecke führte nämlich geradewegs durch eine Unmenge von Dörfern, durch die wir wohl den ganzen Tag gebraucht hätten.
Wir warteten lange und da wir nun sahen, dass wirklich 80 Prozent des Transportes die nach rechts abbiegende Strecke wählte, fingen wir an zu grübeln, ob wir nicht einen Fehler gemacht hatten. Sollten wir vielleicht unsere Reise einfach auf der anderen Strecke fortsetzen? Wir hielten noch eine Weile durch und das zahlte sich aus, denn wir bekamen eine Mitfahrgelegenheit auf der Ladefläche eines Pick-Ups, die uns geradewegs bis nach Barranquilla führte. Es war herrlich wieder auf einer Ladefläche zu weilen, denn während der rasanten Fahrt fühlten wir uns nicht nur wie ein Teil des Windes, sondern es rauschte auch eine unbeschreiblich schöne Landschaft an uns vorbei.
In Barranquilla wurden wir an der Autobahn herausgelassen. “Dort, in die Richtung müsst ihr”, meinte der Fahrer und schon war er weg. Wir überquerten die Autobahn und standen plötzlich im völligen Chaos. Die gesamte Strasse war gesäumt von gelben Taxis, die mit lautstarkem Gehupe ein Lied zu komponieren versuchten. Hunderte gelber, hupender Autos. Was war hier nur los? Am Horizont erkannten wir eine Art Leichenwagen. Es war wohl ein Taxifahrer ums Leben gekommen. Wahrscheinlich war es aber eher der Gründer der Taxi-Firma, denn bei so einem Riesenaufstand, der die komplette Strasse absperrte, musste sich schon eine wichtige Persönlichkeit verabschiedet haben. Oder auch nicht.
Auf der anderen Straßenseite erkundigten wir uns bei den zwei Bussen, die aufgrund des gelben Aufmarsches nicht weiterkamen. Der erste Busfahrer fuhr nicht in unsere Richtung, aber der zweite Bus lud uns freundlich ein. Irgendetwas schien anders bei diesem Bus zu sein, womit wir Recht hatten. Es war ein Friedhofs-Bus, der, ohne in das Treiben der Taxifahrer eingebunden zu sein, kostenlos die Menschen zu ihren Dahingeschiedenen bringt. Wir mussten also letztendlich nicht einmal etwas bezahlen. Ein Lift in einem Friedhofsbus, das hatten wir auch noch nicht.
Als wir aus dem Bus ausstiegen, befanden wir uns an einer sehr belebten Kreuzung. Hier eine Tankstelle, dort ein Restaurant, ein Imbiss, ein Büro, ein… und extrem viel Verkehr. Vier Richtungen hatten wir zur Auswahl. Aus der einen waren wir gekommen, uns verblieben also noch drei. Augustas hatte mächtig zu kämpfen, um den Herumstehenden die richtigen Informationen zu entlocken. Am Ende wurde uns erzählt, wir sollten einen der kleinen, überdachten Pick-Ups nehmen, der würde uns zumindest weiter in unsere Richtung bringen. Kaum hatten wir die Strasse überquert, da kam auch schon eines dieser Transportmittel. Wir quetschten uns auf die Mini-Ladefläche, auf der bis dato nur ein Herr sass. Dieser machte sich ganz klein, damit wir problemlos unsere Sachen hineinstopfen konnten. Da die gelben Aufstandsteufel, es sind die Taxi gemeint, überall in der Stadt die Strassen verstopften, musste auch dieser Pick-Up wohl oder übel eine Weile stillstehen. Manchmal ging es ganz langsam voran, einige Male funktionierte gar nichts mehr, bis zum totalen Stillstand. Während wir notgedrungen abwarteten, kamen wir mit dem Herrn auf der Ladefläche ins Gespräch. Er zeigte uns verschiedene Möglichkeiten auf, wie wir am besten aus der Stadt herauskommen könnten. Unser Fahrer drehte mittlerweile um und nahm, wie andere schlaue Füchse, eine winzige Strasse mitten durch ein Wohnviertel. Die Leute dort staunten nicht schlecht über den vielen Verkehr. Auch dort wurde wieder angehalten, denn die Fahrer mussten sich austauschen, wie sie am besten zurück auf ihre gewohnte Strecke kamen. Endlich hatten wir das Wohnviertel passiert und erreichten wieder die grosse Straße, von der wir zuvor abgebogen waren. Der Mann auf der Ladefläche, mittlerweile unser Freund, hatte uns in dieser Zeit bereits 3000 Pesos (0,70 €) in die Hand gedrückt, damit wir den Transport bezahlen konnten. Wir lehnten ab, aber er bestand darauf. Nun gut. Außerdem lud er uns ein, mit ihm Mittag zu essen. Da wir reichlich hungrig waren stimmten wir zu. Wir stiegen also mit ihm aus und liefen kreuz und quer durch Barranquilla. Auf dem Weg zu seinem Haus wurden wir vor dem Fussballstadium mit frischen Orangensaft verwöhnt. Er telefonierte kurz mit seiner Frau und bat sie, eine Art Fleischsuppe für sechs Personen zu kaufen. Da klingelten bei mir die Alarmglocken. Ich erklärte unserem Freund also, dass wir Vegetarier seien und kein Fleisch essen. Das brachte ihn ein wenig in Schwierigkeiten, doch er meinte, wir würden eine Lösung finden. Dann ging es weiter bis zu einem Shoppingcenter, wo unser Freund seine Großeltern abholen wollte. Die kommen nämlich regelmäßig zu Besuch. Nun waren wir zu fünft und unsereins trottete mit Sack und Pack den drei Verwandten hinterher. Wo wir wohl hingeführt wurden? Wir entfernten uns mittlerweile so weit von unserer Bushaltestelle, dass wir Zweifel hatten, den Weg allein zurückzufinden. Das Thema Essen stand noch immer zur Debatte und nach unzähligen Kurven und Strassen, die wir bereits gegangen waren, hielt unser Freund an einem chinesischen Restaurant an. Ich begleitete ihn hinein, um sicher zu sein, dass sie uns nicht Hühnchen servierten. Es folgte eine lange Diskussion, in der sich herausstellte, dass das einzige vegetarische Mittagsmahl Reis mit Gemüse war. Das war gut für uns und so spendierte unser Freund uns eine große Portion davon. Die bekamen wir in einem Pappkarton überreicht, der zusätzlich in einer Plastiktüte eingepackt war. Zuvor hatte unser Freund gefragt, “zum hier essen oder mitnehmen?”. Das verunsicherte mich ein wenig, da ich annahm, dass er uns zu sich nach Hause zum Essen einlud. Wozu hätte er uns denn sonst so weit mit sich geschleppt? Mein Stocken machten ihn daraufhin unsicher, so dass ich antwortete, “Wie sie möchten, hier is
t in Ordnung, bei ihnen zu Hause auch.” Er nahm uns daraufhin mit zu sich nach Hause.
Seine Frau war ein wenig überrascht, doch wurde alles schnell für sechs Personen organisiert. Die Wohnung unseres Freundes war wirklich winzig. Der einzige Raum, in den man ein Tischchen stellen konnte, maß gerade einmal 2 Meter Breite. Es wurden also Stühle auf die Strasse herausgetragen, im Schatten aufgestellt und wir nahmen gemeinsam mit den Großeltern darauf Platz. Wir plauderten ein wenig und bekamen fürchterlich chemische Erfrischungsgetränke, z.B. violette Limonade, serviert. Aber es war ja gut gemeint und so führten wir sie unseren Körpern zu. Wir hatten bei unserer Ankunft den Reis mit Gemüse an unseren Freund ausgehändigt. Der kam plötzlich besorgt auf uns zu, denn er hatte festgestellt, dass es sich um reinen Reis handelte. Wir beruhigten ihn und gaben ihm eine unserer Gurken. “Die können sie uns zusammen mit dem Reis servieren”, meinte ich. Da leuchtete sein Gesicht auf und er ergänzte, “Tomaten und Zwiebeln sind auch in Ordnung?” Natürlich. Kurze Zeit später wurden wir zu Tisch gebeten. Als wir ins Haus eintraten stand in dem 2 Meter breiten Raum ein winziger Tisch mit zwei Stühlen. Darauf befanden sich zwei Teller mit einer Riesenportion Reis und in einer Schüssel daneben ein Salat. Uns wurde noch Ketchup gereicht, denn der Reis war pur ein wenig trocken. Wir genossen das Mittagsmahl während unser Freund und seine Frau draussen auf der Strasse bei ihren Großeltern Platz nahmen. Als wir fertig waren wurde für die Großeltern aufgetischt. Auch unser Freund bekam eine große Portion Reis, Salat und Hühnchen serviert, die er im gleichen Raum, einzeln auf einen Stuhl sitzend verzehrte. Wir nutzen die Gelegenheit eines Toilettengangs und als ich herauskam, wollte ich die Situation gleich nutzen, um ein wenig Trinkwasser zu bekommen. Da stand ich nun vor den Dreien, die schmatzend und gierig das Essen in sich hineinschlangen. Es war mir ein wenig peinlich zu fragen, wollte ich doch nur, dass sie mir erklärten, wo ich den Wasserhahn finden konnte. Unser Freund verwies mich mit vollem Mund mittels Handzeichen auf später. Ich fühlte, dass meine Frage während ihres Mahls nicht gerade angebracht war. Seine Frau, die draussen bei Augustas sass, füllte uns dann die Flasche auf. Jetzt mussten wir uns sputen, damit wir noch aus Barranquilla herauskommen würden. Wir kündigten der Frau unseres Freundes also an, dass wir uns auf die Socken machen würden. Wir dachten ja, dass wir den Rückweg eh alleine meistern müssten. Da hatten wir uns allerdings geirrt. Unser Aufbruch führte dazu, dass das Essen der Großeltern und unseres Freundes geradewegs in die Küche gebracht wurde, die Großeltern sich mit Manier bei uns verabschiedeten und unser Freund uns zur Bushaltestelle brachte. Die war, anders als vermutet, sehr nah, nur ein paar Blöcke weit entfernt. Unser Freund drückte uns auch hier das Busgeld in die Hand, ohne jeglichen Protest anzuerkennen.
Da kam auch schon der Bus und wir fuhren zum Ende der Stadt. Hier mussten wir nur noch den Bus finden, der uns bis zur Peaje bringt. Ein Herr, der auf uns unangenehm wirkte, versuchte uns an die Reisebusse zu vermitteln, um damit ein wenig Provision zu verdienen. Doch wir liessen uns nicht darauf ein und versuchten ihn zu ignorieren. Wir fragten einen der Busfahrer, was er uns für die kurze Fahrt bis zur Peaje berechnen würde, lehnten das überpreiste Angebot aber kategorisch ab. Es gab ja schließlich auch einen regulären Stadtbus bis dorthin. Der kam genau in diesem Moment um die Ecke. Wir sprangen auf und los ging es zur Peaje.
Endlich waren wir an der Peaje in der Nähe von Cienaga, wo wir auf dem Hinweg nach Cartagena übernachtet hatten. Der Nachmittag war schon reichlich vorangeschritten und jetzt regnete es auch noch. Wir stellten uns also unter ein winziges Vordach, dass von einer Abstellkammer neben der Peaje Schutz bot. Wir versuchten von dort aus zu trampen, was auch funktionierte. Erstaunlicherweise hielt ein LKW, der auf seinem lattenrostähnlichen Anhänger Straßenbaugüter geladen hatte. Er öffnete uns die Anhängertür und ließ uns einsteigen. Gleichzeitig warnte er uns aber, dass wir vor einigen Polizeikontrollen hinter den geladenen Gütern verschwinden müssten. Er würde uns rechtzeitig darüber informieren. Ich fragte mich ernsthaft, wie wir uns jemals hinter den Gütern verstecken sollten, denn diese waren bei weitem nicht hoch genug gestappelt, um das zu bewerkstelligen. Wir hielten während der holprigen Fahrt ein wachsames Auge über die Situation, denn wir wussten, dass es viele Militär- und Polizeistützpunkte gab. Doch letztlich kam es nicht dazu, dass wir uns amateurmäßig verstecken mussten, denn es gab diesmal keine Polizeikontrolle. Zumindest keine, die an seiner Ladung interessiert war.
Eigentlich dachten wir zuvor an eine ungefähr zweistündige Fahrt, jedenfalls hinsichtlich des Reiseziels, was uns der Fahrer angekündigt hatte. Am Ende wurden daraus fünf Stunden. In dieser Zeit hockten wir zusammengekauert auf unseren Rucksäcken, am Ende der Ladefläche, kurz vor der klapprigen Lattenrosttür. Die Strecke war mit Löchern übersäht und mit dem gebrechlichen Lattenrost-LKW und seiner immens schweren Ladung, die bei jedem Loch durch die Gegend hüpfte, hatten wir kein leichtes Spiel. Eingemummelt in unsere Jacken, die Kapuzen fest auf dem Kopf verschnürt, konnten wir zumindest dem Wind etwas trotzen. Oft mussten wir sogar aufstehen, da das Holpern dermaßen stark war, dass es uns regelrecht die Rücken zusammenstauchte. Viele, unerklärliche Male hielt der LKW an. Fahrer und Beifahrer verließen das Fahrerhaus und tranken oder aßen etwas, oder aber erledigten andere Gänge. Ab und zu schaute der Fahrer bei uns vorbei, um zu sehen, ob wir noch leben. Es war schon reichlich spät, da hielt der LKW wieder an. Der Motor wurde ausgemacht und vollkommene Ruhe umgab uns. Der Beifahrer kam bei uns vorbei und meinte, dass dem Fahrer die Augen zufallen würden, deswegen machen sie eine Pause. Wir überlegten derweil, ob wir nicht gleich an der Tankstelle übernachten sollten. Leider war sie nicht in Betrieb, also völlig unbewacht. Dahinter befand sich ein Motel, wo die LKW-Fahrer ihre Nacht verbrachten. Vielleicht gab es dort ja ein bischen Grass, um das Zelt aufzustellen. Ich sah mir die Gegend ein wenig genauer an, musste aber feststellen, dass das Motel von Sumpf umgeben war. Für ein Zimmer wollten wir ungern bezahlen. Uns wurde ja außerdem versprochen, dass wir an einer bewachten Peaje (Autobahngebührstelle) herausgelassen werden würden. Wir warteten also ab. Eine halbe Stunde später ging es weiter, die Musik aus dem Fahrerhaus dröhnend unter Begleitung der kraftvollen Stimmen unseres Fahrers und Beifahrers. Sie schienen glücklich.
Gegen 22 Uhr wurden wir endlich an der versprochenen Peaje abgeliefert. Erschreckenderweise gab es keinerlei Platz zum Zelten. Ein Wachmann kam auf uns zu und wir erklärten ihm unsere Lage. Leider konnte er uns keinen Aufenthalt im Verwaltungsgebäude gewähren, da dieses mit einer Videokamera überwacht wurde und in einer Zentralstelle zu Verwirrung führen würde, wenn wir zwei uns dort niederließen. Der Wachmann wies uns einen Platz an, der gerade genug Raum zwischen Straßenbeginn und dschungelartiger Bewaldung bot. Noch dazu lag es ein Stück weiter von der Peaje entfernt, im Dunkeln. Ich fand das alles gar nicht toll und schaute mich etwas hilflos um. Vielleicht würde der Wachmann ja doch noch einmal ein Auge zudrücken. Da hielt plötzlich ein Schwerlasttransporter an. Er rief uns zu und winkte, als ob wir einsteigen sollten. Wie kam es denn dazu?
Der Wachmann sprach mit dem LKW-Fahrer und schon fanden wir uns in seinem Fahrerhaus wieder. Der erste Schwerlasttransporter in Kolumbien und das nachts! Der Fahrer hatte Sojabohnen geladen, die er zur Verarbeitung nach Bucaramanga bringen musste. Wahnsinn, wir hatten mitten in der Nacht, ohne auch nur im Geringsten zu trampen, eine Mitfahrgelegenheit bis zu unserem Reiseziel bekommen. Wir würden also am
Morgen bereits ankommen. Die erste Nacht in einem LKW während unserer gesamten Follow The Road Reise! Ja, wenn das nichts war.
Wir redeten jede Menge mit unserem Fahrer, denn der Grund, warum er uns so ganz ohne Aufforderung auf eine Fahrt eingeladen hatte, lag in der Gefahr, während der Nacht müde zu werden. Ich war totmüde und so bekam ich die Gelegenheit, ein kleines Nickerchen im Bett zu machen. Dann wechselten Augustas und ich, da ihm bereits die Augen vor Schwere zuklebten. Zuvor baten wir aber noch um eine Pinkelpause. Das hieß, der LKW hielt mitten auf der Strasse an und ich musste mich direkt neben den Transporter auf die Strasse hocken. Augustas war so lieb, mich wenigstens vor kommenden Fahrzeugen mit seiner Mannsgröße zu verdecken.
Augustas befand sich in den tiefsten Träumen während ich mich mittlerweile wachgeredet hatte. Mein Fahrer beteuerte immer wieder seine Stärke, die ihn des nachts problemlos durch die Strassen bugsierte. Er würde nicht müde, er nicht! Das erzählte er so lange, bis ihn plötzlich alle Kräfte verließen. Er hielt an einer Art LKW-Parkplatz an, ließ den Motor absterben, schnappte sich seine Hängematte, die er unter den LKW hing und fiel in einen wahren Erschöpfungsschlaf. Ich war schnell genug gewesen bei der Entscheidung wer wo schläft. Ich wollte in die Hängematte und so musste Augustas im offenen Fahrerhaus schlafen. Ich stahl mich vorm Schlafen gehen noch schnell davon, um eine mit Draht verschlossene, nicht funktionierende Toilette zu benutzen und mir in dem kleinen Waschbecken, was sich vor der Toilette befand, noch kurz eine Katzenwäsche zu gönnen. Fertig für die Nacht hüpfte ich in die Hängematte, die direkt unter dem Anhänger des LKWs baumelte. Es war herrlich. Der Wind blies ein wenig um meine Nase, die Hängematte schaukelte und ich wiegte mich wie bei Mutter im Arm in den Schlaf.
Unser Fahrer meinte zuvor, er würde eine zweistündige Pause brauchen. Gut, dass daraus am Ende vier Stunden wurden. Kaum aufgewacht, stopfte der Fahrer seine Hängematte wieder ins Fahrerhaus und warf den Motor an. Er lag noch halb schlafend auf dem Lenkrad, bis der Wagen warmgelaufen war. Die erste halbe Stunde des Tages sprach er kein Wort. Er hatte einen Gesichtsausdruck, der schien, als hätte man ihm wegen nichts aus dem Schlaf gerissen. Doch so langsam wachte er auf und die anregenden Gespräche nahmen wieder Vorhand. Wir hielten kurze Zeit später an, denn es war Zeit für Frühstück. Unser Fahrer genoss eine Fleischsuppe mit Tortillas. Für uns gab es nichts in dem Restaurant. Wir schauten also im Laden gegenüber und fanden dort die gleichen runden Tostadas, wie wir sie damals an der Peaje in Bucaramanga gekauft hatten, auf dem Hinweg nach Cartagena. Wir hatten noch ein paar Mandarinen, ein oder zwei Äpfel, das Leben war gut. Unterwegs machte er noch einmal Halt und erwarb für uns drei überdimensionale Zapotes. Wir mochten Zapotes eigentlich nicht, diese hier waren aber von einer ganz anderen Sorte. Einmal gekostet stopften wir mit Gier die drei Leckerbissen in uns hinein.
Was für ein Glück wir doch hatten, denn unser Fahrer fuhr ausgerechnet am Eingang von Giron vorbei, auf seinem Weg, die Sojabohnen abzuliefern. Wir mussten also nur noch einen Anruf tätigen, was einfach war, denn genau dort wo wir ausgestiegen waren, verkauften ein paar Damen “Minuten”. Keine fünfzehn Minuten nachdem wir Armando unsere Ankunft mitgeteilt hatten, stand er mit seinem Fischtransporter lächelnd vor uns.
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