Das deutsche Dorf Colonia Tovar mitten in Venezuela (Juni 20 – 27)
Zurück in Caracas genossen wir ein paar weitere Tage mit unserem Freund Pierre-Charles und seinen verrückt-angenehmen Mitbewohnern. Nach unserer Reise durch einen Teil Venezuelas fühlten wir uns schon viel entspannter in Caracas. Alles wirkte für uns freundlich und auch des Abends fühlten wir uns nicht mehr so unangenehm. Wir hatten uns wohl an die venezuelanische Kultur gewöhnt.
Auch Rimas, unser litauischer Freund, beschäftigte uns während dieser Tage mit einem Besuch in El Hatillo. Das ist eine wunderschöne Kleinstadt in der Nähe von Caracas. Dort stehen noch sehr alte Häuser, die in ihren althergebrachten Farben und Stilen glänzen. Die Strassen bzw. Gassen sind recht schmal, so dass eine angenehme Atmosphäre beim Durchlaufen entsteht. Auch gibt es dort einen Souvenirladen, der wahrlich von allen venezuelanischen wie auch anderen Kulturen Kunst zum Verkauf anbietet. Am Abend, wenn es schon dunkel ist, lässt es sich herrlich auf dem Dach eines Restaurants nahe dem Plaza Bolivar speisen. Dort gibt es übrigens auch den besten Waldbeerensaft der Welt! Jedenfalls meiner Meinung nach. Das Restaurant selbst ist eine wahre Fundgrube der Geschichte, in dem man neben alten Fotos und Antiquitäten, auch unzählige alte Schallplatten sehen kann. Nostalgie pur. Für Antiquitätenliebhaber scheint Hatillo ein Muss zu sein. Als Bonbon obendrauf kann man viele kleine Naschereien probieren, die einem vor lauter Süsse die Zunge am Gaumen kleben lassen bleiben.
Wir verabschiedeten uns von Caracas und fuhren zusammen mit den venezuelanischen Litauern Rimas und Elena zur Colonia Tovar, einem waschechten, deutschen Schwarzwalddorf. ‘Alle Wege führen nach Rom’, heisst es so schön, und so war es auch mit der Colonia Tovar. Es gab drei Routen die wir einschlagen konnten, doch Rimas und Elena hatten sich bereits für die mitten durch die Berge entschieden. Kaum waren wir an Los Teques vorbei, ging es steil bergauf. Rechts in die Kurve, links in die Kurve, und ständig bergauf. Die Landschaft war atemberaubend schön, die Strasse angenehm klein und Elena teilte ihre Freude über die wechselnden Naturschönheiten mit uns. Elena war mit einem Vater grossgeworden, der Förster war, und seine Kinder von klein an dazu angehalten hatte, alle Pflanzen- und Tierarten zu kennen. Dieses Wissen wandte Elena nun an und überfiel uns mit allen möglichen Namen. Dazu zeigte sie, ohne auch nur Luft zu holen, ständig von links nach rechts, oben nach unten, vorne nach hinten, und wieder nach rechts… Wir kamen gar nicht mehr hinterher und schafften es auf diese Art und Weise auch nicht, die wunderschönen Ausblicke in uns aufzusaugen. Wir schalteten also, ohne es böse zu meinen, irgendwann einfach auf Durchzug und reagierten auf Elenas Fragen und Erklärungen nur noch mit einem “mhmhhhh”, meist sogar ohne wahrzunehmen, dass wir dies taten.
Langsam schraubten wir uns durch die kurvige Strasse und genossen, dass wir die Berge einmal von vorne und dann auch gleich von hinten begutachten konnten. Rimas schwitzte während er uns mit seinem Auto die Berge hoch und hinunter manövrierte. Endlich kamen wir in die Gegend, in der die Häuser an den Bauernhausstil in Deutschland erinnern: weisse Häuser, die mit Braunen Balken durchzogen und roten Dächern versehen wurden. In einem dieser Dörfer machten wir Halt, da wir frische Pfirsiche ergattern wollten. Wir fragten in einem der wunderschönen Häuser nach. Der Gärtner erklärte sich sofort bereit, zwei Stiegen in seinem Garten zu pflücken. Das dauerte einige Zeit, so dass ich die Atmosphäre in mich aufsaugen konnte. Bekannte Gerüche erinnerten mich an meine Kinderzeit, in der ich meiner Großmutter Ursula im Garten ausgeholfen hatte. War ich wirklich noch in Venezuela? Ich war mir da nicht mehr so sicher. Die Pfirsiche schmeckten ausgezeichnet und mit einem kleinen Vorrat in der Hand setzten wir die Reise bis zur Colonia Tovar fort.
Vor langer Zeit kamen Deutsche aus dem Schwarzwaldgebiet nach Venezuela. Als sie in Venezuela ankamen, waren sie aufgrund der schlechten hygienischen Zustände auf dem Boot und dem spärlichen Essen erkrankt. Da es in Venezuela an der Küste sehr heiss ist, machten sie sich in die Berge auf. Ein gewisser Tovar führte die Deutschen dann bis zu diesem Fleckchen Erde, dass sich heute Colonia Tovar nennt. Das Klima dort war nahe den gewohnten Schwarzwaldbedingungen und so liessen sich die Deutschen dort nieder. So weit ich mich erinnere, war dieses deutsche Dorf bis 1940 komplett von der Aussenwelt abgeschlossen. Niemand konnte hinein und auch keiner heraus, da es noch gar keine Strassen gab. Die Vermehrung innerhalb des Dorfes führte irgendwann zur Inzucht, da mittlerweile alle Einwohner miteinander verwandt waren. Die Inzucht verursachte schwerwiegende Krankheiten, so dass die Colonia Tovar irgendwann ihre Tore zur venezuelanischen Welt öffnen musste. Mittlerweile besteht eine grosse Mischung zwischen deutschem und venezuelanischen Blut. Doch vielmals ist es wirklich sehr offensichtlich, dass die Menschen von Deutschen abstammen. Das erkannte ich nicht nur an den Gesichtszügen, sondern vielmals auch am Verhalten der Colonia Tovar Einwohner. Sie benahmen sich in vielen Fällen so richtig deutsch! Vor dem Besuch der Colonia Tovar ist mir die deutsche Verhaltensweise noch nie so bewusst geworden. Einmal waren wir gerade in einem Internetcafe und warteten auf einen freien Computer. Ich beobachtete einen der Mitarbeiter und musste feststellen, dass er genau die gleiche Mimik besass wie mein grosser Bruder Rene. Der einzige Unterschied war, dass er perfekt venezuelanisch sprach. Ich fragte mich, ob er deutsch auch sprach, machte aber keinen Versuch es herauszufinden, da er die ganze Zeit intensiv mit Kunden beschäftigt war. Einmal jedoch, wir kauften gerade etwas ein, hörte ich die Verkäuferinnen deutsch miteinander reden. Ein Deutsch, das wohl aus der Schwarzwaldregion kommen musste, denn diesen Dialekt hatte ich noch nicht oft gehört. Noch dazu befand ich mich ja zum ersten Mal im Leben im “Schwarzwald” und das auch noch in Venezuela statt in Deutschland. Es war schon irgendwie eine verkehrte Welt.
Bei einem Spaziergang durch die Colonia Tovar, fühlte ich mich nach Deutschland versetzt. Das Aussehen der Häuser, die Trachten der Verkäufer und Servierer in den Geschäften und Restaurants, die eingekochten Früchte, Erdbeeren mit Schlagsahne, Weihnachtskekse, Weissbrot und mir wohl bekannte Wurstsorten waren überall zu sehen. Dazu kam, dass an jedem Geschäft in deutsch etwas geschrieben stand. Nur die Namen der Lebensmittel waren in spanisch geschrieben. In dem Restaurant, in welches uns Rimas einlud, gab es richtig deutsches Essen. Rimas und Elena aßen Bratkartoffeln mit Sauerkraut und geräuchertem Kotlett. Wir baten natürlich um eine vegetarische Speise. Enttäuscht war ich ein wenig darüber, dass das Essen in der Karte nicht in deutsch geschrieben stand. Auch vermisste ich eines schmerzlich: Klöße mit Rotkraut. Ich hatte so lange von diesem Mahl geträumt, dass mir beim Lesen der Worte “Deutsche Küche” das Wasser im Munde zusammenlief. Doch nirgends gab es diese Köstlichkeit zu kaufen…
Die Gegend in und um die Colonia Tovar war sehr bergig. Die Häuser wurden an den Berghängen gebaut. Vielmals eröffnete somit der Blick aus dem Fenster das Bild einer Talsenke, in der hier und dort kleine Häuschen auftauchten. Alles war wunderschön grün und herrlich in die Berge eingebettet. Überall konnten wir auch Eukalyptusbäume finden, die gut für Atemwegsbeschwerden sind und was ausschlaggebend für die Ansiedlung der Deutschen in diesem Gebiet waren.
Wir wohnten in der Colonia Tovar mit Eugenia und Vladas, dem Onkel von Rimas. Die Beiden leben in einem g
rossen Haus, dass von einem bezaubernden Garten umgeben ist. Die zwei Hunde Astra und Tina passen sich gut in das Bild ein und schlängelten, immer um Zuneigung heischend, um uns herum. Unser Zimmer lag im unteren Teil des Hauses. Wir hatten ein wunderschönes, grosses Bett und eine deutsch-litauische Bibliothek zur Verfügung. Die Dusche war jedesmal eiskalt, da die Kraft des Durchlauferhitzers nicht bis in unser Bad gelangte.
Eugenia und Vladas sind auch Litauer. Eugenia ist als Litauerin in Argentinien zur Welt gekommen und dort aufgewachsen. Vladas ist nach dem Krieg aus Deutschland ausgewandert und hat sich in Venezuela niedergelassen. Vladas war mit einer Deutschen verheiratet und zog einige Kinder gross. Eugenia und Vladas trafen sich vor ungefähr 30 Jahren, während Eugenia durch Venezuela reiste und, aus plötzlichem Geldmangel wegen der starken Inflation, dort Arbeit suchen musste. Sie blieb ein halbes Jahr und kehrte dann mit Vladas nach Argentinien zurück. Vladas vermisste Venezuela und seine Kinder sehr, so dass die Beiden also zum Leben nach Venezuela zogen. Und dort sind sie auch heute noch.
Eugenia bekochte uns jeden Tag zweimal mit einer Vielfalt, wie man sie selbst in Restaurants suchen musste. Eugenia hatte für unsere vegetarischen Bitten auch sofort Spezialitäten parat, denn Kochen war ihre Leidenschaft. Wir leckten uns alle zehn Finger danach und hätten wohl noch an weiteren zehn lecken können, wären sie mal da gewesen.
Einmal machten wir einen Ausflug zum neuen Friedhof. Der liegt auf der anderen Seite des Tals, was eine halbstündige Fahrt im Auto bedeutete. Wir suchten unser Haus vom Friedhof aus und fanden es mit Vladas Hilfe auch auf Anhieb. Zuvor hatte ich angenommen, dass Vladas Haus sehr weit oben steht. Doch von diesem Aussichtspunkt aus zeigte sich sein Häuschen gerade mal unter der mittleren Ebene des Tales. Es war beeindruckend zu sehen, wo Eugenia und Vladas tatsächlich lebten.
Hallo, kann mir jemand schreiben wie weit ist deutsche Stadt vom Caracas entfernt?
65km, 1.5h
Hallo ich hätte Interesse was zu erfahren über Venezuela zwecks Ausreise
Hallo ich hätte Interesse was zu erfahren über Venezuela:
Bin dieses Jahr Rentner geworden und finde Deutschland immer schöner, ich hoffe sie wissen was ich meine.
Ich habe Diabetes Melitas typ 1 & außerdem bin ich Schmerzpatienten.
Frage:
-wie ist es in der Kolonie mit der Ärztlichen Versorgung
-gibt es Internet wenn ja wie schnell
-kann ich auch Deutsche Radio-TV-Sender dort empfangen
Ist es auch möglich sich mit ihnen Akustisch zu kommunizieren (Tel. Skype)
Danke
M.F.G.
Rudi
Hallo,
vielleicht kann man dir in dem Venezuela-Forum http://www.venezuela-forum.com weiterhelfen.
Grüße
Hallo,
ich suche gerade nach Menschen, die in Colonia Tovar leben und bereit wären mir etwas über die deutschen Bräuche und Traditionen zu erzählen, die dort eventuell weitergeführt wurden. Könnten Sie mir da vielleicht behilflich sein?
Ich schreibe einen Artikel über Deutsche Bräuche und Traditionen zur Weihnachtszeit in Lateinamerika für ein Seminar meiner Universität.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir diesbezüglich helfen könnten.
Viele Grüße,
Sabine
Hallo,
wir leben zurzeit in Isla de Margarita und möchten aber weck von hier.
Ich suche Hilfe von Deutschen wie man am Besten nach Comana kommen kann und wie man an Arbeit finden kann. Habe schon was Ales versucht. Mein Freund war vor 2005 in Comana und es hat im so Gefallen. Und weil es zurzeit schlecht ist in Isla de Margarita Arbeit. Mein freund ist Schweißer von Beruf. Kann aber auch vieles anderes.
Also noch mal kann mir einer helfen??????? Ich muss aber auch gleich noch sagen das unser Spanisch nicht gut ist.
Ich bedanke mich schon in vor raus. Wie leicht kann man auf meine Mail schreiben? Maigruen65@web.de
Sehr sehr schoen dieser Bericht, und hat mich gleich dazu animiert dorthinzufahren.
Wohne schon seit knapp 9 Monaten hier in Venezuela und fahre naechsten Monat in die Colonia Tovar. Hoffentlich ist es so schoen wie du es beschrieben hast!
Ich komme am Sonntag in caracas an … wie wiet ist es von dort zur deutschen stadt?
Danke und beste gruesse aus der dom rep.
Hallo Marcel, hier kannst du die Informationen ueber die Distanz von Caracas zur Colonia Tovar finden: http://www.virtualtourist.com/travel/South_America/Venezuela/Distrito_Federal/Caracas-1637665/Things_To_Do-Caracas-La_Colonia_Tovar-BR-1.html Viel Spaß in Venezuela!
Unglaublich!
Ich habe heute erst durch zufall von Colonia Tovar erfahren und gegooglet.. Dann stieß ich auf diesen Bericht! einfach klasse! Da will ich auch gerne mal hin … sobald ich das Geld hab 🙁