Ciudad Bolivar (Juni 14 – 17)
August 22, 2007
Themen: Venezuela
Es regnete in Strömen und alles was uns übrig blieb, war erst einmal im Busbahnhof zu verschwinden. Am Eingang des Busbahnhofs erwarben wir ein paar Bananen und dann ging es erst einmal schnell zur Toilette. Während Augustas seine Notdurft verrichtete, wartete ich neben dem Gepäck und vertilgte genüsslich eine Banane. Augustas kam gerade wieder, da rief uns eine Frau mit energischer Stimme vom Toiletteneingang aus zu, “Gib mir eine Gambur (Banane)!” Wie bitte? Augustas entgegnete prompt, “Gib du mir eine Gambur!” Wir lachten und machten uns zur nächsten Telefonzelle auf. Wir hofften, dass uns unsere litauischen Freunde in Caracas mit einem Rat für eine Unterkunft weiterhelfen konnten. Leider war dem nicht so. Als der Regen etwas nachliess gingen wir somit in ein Internetcafe, um Mitglieder des www.HospitalityClub.org in der Ciudad Bolivar zu finden. Auch dies stellte sich als Fehlschlag heraus, da die einzige Person, die in ihrem Profil Hilfe anbot, gerade ausgeflogen war. Wir suchten also nach Hostels. Viele im Internet angepriesenen Hostels kosteten einfach zu viel. Letztlich fanden wir aber eins, dass unseren Geldbeutel nur knapp 6 Euro kosten würde. Ein Anruf genügte und eine halbe Stunde später fanden wir uns im Auto der Posada (Unterkunft) “La Casita” wieder. Wir fuhren eine knappe halbe Stunde durch die Stadt und endeten die Fahrt in einer Ecke der Stadt, die wir nie im Leben selbst gefunden hätten.
Mit der Posada “La Casita” hatten wir einen traumhaften Ort zum Übernachten gefunden. Wir konnten unser Zelt in der Hängemattenabteilung aufstellen, die mit Stroh überdacht war. Da es zu der Zeit keine Reisenden gab, die sich eine Hängematte geliehen hatten, war das nun unser Zuhause. Wir waren von viel Grün umgeben, konnten im offenen, aber überdachten, super gemütlichen Speisesaal unser Essen geniessen, Billiard spielen und eine kalte Dusche nehmen. Gut, letzteres war weniger paradiesisch, aber auszuhalten, denn die Temperaturen waren trotz des Regens nicht sehr niedrig.
Eigentlich wollten wir nur eine Nacht bleiben. Aus diesem Vorhaben wurden gleich drei Nächte, da wir so die Gelegenheit hatten, die Ciudad Bolivar endlich kennenzulernen. Ausserdem nutzten wir die Zeit, mal wieder zum Schreiben unserer Geschichten zu kommen.
Die Stadt hatte einen sehr alten Stadtkern, der aus kleinen, meist einstöckigen, buntbemalten Häusern bestand. Viele Strassen waren wie zu ihren Entstehungszeiten mit Steinen gepflastert. Die Atmosphäre war entspannt und so genossen wir es durch die Gassen zu schleichen.
Irgendwann entdeckte ich nicht weit entfernt eine Art alte Burg und wir fragten uns bis dorthin durch. Die Burg war winzig, aber anziehend. Wir bekamen auch sogleich einen Führer, der uns die gesamte Geschichte dieser Burg schilderte. Leider kann ich das Erzählte nicht mehr aus meinem Gedächtnis abrufen. Ich weiss nur soviel, dass die Burg zur Verteidigung diente und von dort aus leicht Kommandos für Kanonenbeschüsse gegeben werden konnten, sollten sich unerwünschte Eindringlinge vom Fluss aus nähern.
Wir dachten eigentlich, dass wir mit dem einmal in Caracas umgetauschten Geld bis nach Kolumbien ausreichen würden. Da hatten wir uns geirrt und kaum waren wir in der Ciudad Bolivar angekommen, waren wir zu einem erneuten Geldumtausch gezwungen. Wir hatten gehört, dass in der Nähe des Flusses die Möglichkeit bestand, Geld direkt auf der Strasse umzutauschen. Aber irgendwie behagte mir das Ganze nicht. Wir verschoben die Geldumtauschaktion also auf später. Als wir in der Nähe der Einkaufsläden und Shoppingcenter waren, liefen uns immer wieder unangenehme Männer über den Weg, die uns zuriefen “Dollars, Euros”… Oh nein, bitte nicht mit solchen Gestalten! Wir suchten also in den Shoppingcentern nach Schmuckläden, an denen “Compra Oro” (Kaufe Gold) stand. In diesen Läden konnte man in Caracas Geld umtauschen. Kaum näherten wir uns einen dieser Geschäfte, kam schon wieder so eine schräge Gestalt auf uns zu. Wir taten also so, als ob wir gar nicht an einem Geldumtausch interessiert waren. Das Spiel setzte sich noch eine Weile fort, bis wir in einem Chinaladen landeten. Irgendwie vertrauten wir denen mehr. Obwohl für den Verkäufer nicht alltäglich, half er uns beim Geldumtausch. Wir bekamen also ohne Probleme unsere Bolivar zum gleichen Preis wie in Caracas. Puh, geschafft. Geldumtausch in Venezuela ist wirklich eine Tortur.
Unsere Posada lag weit vom Stadtzentrum entfernt, so dass wir uns zu einer gewissen Zeit an einem Treffpunkt einfinden mussten, damit wir wieder eingesammelt werden. Zurück in der Posada erkundeten wir ein wenig das Territorium. Wir staunten nicht schlecht, als wir riesige Käfige mit zwei Äffchen, einem Stachelschwein, einem Rehbock, zahlreichen Enten, und weiteren Kleintieren vorfanden. Die drei Kinder einer in der Posada Angestellten fütterten die Affen regelmässig mit kleinen, heruntergefallenen Mangos. Einer der Affen war sehr egoistisch und wollte immer die Portion des anderen
haben. Das führte regelmässig zu enormen Streit, der mit Bissen in den Schwanz, sonstigen Verletzungen und herzzereißendem Gebrüll endete. Aber es gab auch Momente, in denen sich die beiden Affen abgöttisch liebten. Vor allem dann, wenn es nichts zu essen gab, kuschelten sie sich zusammen auf den Fussboden und spielten wie zwei Engelskinder miteinander.
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