Zelten mitten in der Stadt (Maerz 18 – 22)
April 15, 2007
Themen: Panama
Im Handumdrehen waren wir in Boquete. Dort riefen wir ein www.HospitalityClub.org Mitglied an, dass uns leider nicht mit einer Unterkunft weiterhelfen konnte. Wir trafen uns kurz darauf mit einem anderen Mitglied, mit dem wir berieten, was wir zwecks Uebernachtung machen konnten. Wir hofften bei ihm tagsueber wenigstens unsere Rucksaecke abstellen zu koennen, das schien fuer ihn aber unmoeglich. Wir bedankten uns und versicherten ihm, dass wir selbst eine Loesung dazu finden werden.
Wir suchten uns eine Ecke zum Kochen und machten uns alsbald auf einen Schlafplatz zu finden. Das war gar nicht schwer, denn keine 5 Minuten vom Park, der das Zentrum Boquetes darstellt, befand sich hinter einer Schule ein riesiges Stueck Natur, auf dessen Rasen wir einfach nur unser Zelt abstellen mussten. Zuvor fragten wir den Hausbesitzer, dessen Grundstueck sich vor dem Stueck Natur befand, ob wir dort unten problemlos zelten duerften. Er hatte nichts dagegen, meinte sogar, dass
erst ein paar Tage zuvor zwei Fahrradtouristen dort genaechtigt hatten. Unsere Sorge um den Regen, der sich mit dicken, schwarzen Wolken ankuendigte und der Tatsache, dass der Zeltplatz in einer Senke lag, war unbegruendet. “Die Regenzeit laesst noch lange auf sich warten”, meinte der Herr. Das war genuegend Information um friedlich schlafen zu gehen.
Am naechsten Morgen liessen wir unsere Rucksaecke im Internet-Cafe zurueck. Dort uebernahm zwar keiner die Verantwortung, wenn am Ende etwas fehlen wuerde, aber wir fuehlten uns sicher bei unserer Entscheidung. Und dann ging es auf zur Huegelbesteigung. Eigentlich wollten wir auf den Vulkan Baru hinauf. Da wir aber im Internet zuvor ein paar Informationen ueber den Aufstieg gesucht hatten und auf eine sehr detaillierte, reichlich negative Schilderung stiessen, liessen wir davon ab. Das einzige Plus was der Vulkan hatte war, dass man
den pazifischen und atlantischen Ozean von oben zur gleichen Zeit sehen konnte. Allerdings war das an Glueck gebunden, denn die Vulkanspitze war staendig von Wolken verdeckt. Wir zogen deswegen eine Route vor, die viel Natur und einen herrlichen Ausblick versprach. An jedem zuvor angepriesenen Aussichtspunkt reagierten wir mit begeisterten Ausrufen. Wir hatten wohl die richtige Entscheidung getroffen.
Wir wussten noch von einem kleinen Seitenweg, der erst hinunter ins Tal und dann auf eine andere Huegelspitze fuehren sollte. Leider haben wir den Weg nicht gefunden, denn dieser sollte irgendwo dort sein, wo ein grosser Baum inmitten eines riesigen Feldes steht. Ein ueberdimensionales Feld gab es, aber der Baum schien vom Erdboden verschluckt. Und so liefen wir eben weiter bergauf. Das war letztlich dann doch interessanter als ein weiterer Aussichtspunkt, denn weiter oben entdeckten wir ein Dorf, in dem eine kleine Indianergemeinschaft lebte. Wir trafen nur Kinder an, die uns mit einem Laecheln und winkender Hand begruessten. Wir beobachteten die Kinderschar ein wenig und gingen weiter. Da nichts weiter aufregendes passierte und der Pfad ins Unendliche muendete, kehrten wir wieder um.
Nach dem Abstieg goennten wir uns ein einfaches Abendessen im Sabrozon, einem bekannt billigen aber gutem Restaurant, und gingen alsbald wieder “nach Hause”, zu unserem Stueck Natur inmitten Boquetes.
Den folgenden Tag machten wir einen langen Ausflug. Wir baten zuvor Tatiana, die wir ueber den www.HospitalityClub.org kennengelernt hatten, unsere Rucksaecke tagsueber bei ihr im Buero lassen zu koennen. Wir stiegen einen Huegel hinauf, der uns vorbei an Kaffeeplantagen fuehrte
und atemberaubende Ausblicke gewaehrte. Immer wieder hielten wir an, um die tolle Aussicht in uns aufzusaugen. Wir liefen an einigen Grapefruit-Baeumen vorbei und sammelten vier heruntergefallene Fruechte ein. Wenig spaeter nahe des Gipfels assen wir nur eine der vier Grapefruit, da diese super sauer war und die anderen drei bereits von Wuermern in Beschlag genommen worden.
Wir stiegen wieder hinab und setzten unseren Weg entlang der Hauptstrasse fort. Dort hielten wir recht bald ein amerikanisches Touristenpaar an und baten sie, uns zum “El Quetzal” Pfad (Route, wo man den seltenen Vogel Quetzal sehen kann) mitzunehmen. Das taten sie auch und entschieden kurzerhand den Pfad selbst entlangzuwandern. Als wir noch im Auto sassen bereute ich ein wenig, dass wir per Anhalter und nicht zu Fuss weitergezogen waren, denn die Strasse war voller indianischer Schulkinder, die uns in ihren traditionellen Kleidern nur so anlachten. Wie gerne waere ich doch mit ihnen ins Gespraech gekommen!
Wir liefen den “El Quetzal” Pfad, der voller wunderschoener Planzen und Blumen umgeben war, ein wenig hinauf und kamen an einem Hof vorbei. Der gehoerte den dort ansaessigen Indianern, die vor dem Haus zwei lange Waescheleinen voller traditioneller Kleidung gespannt hatten. Wir zueckten unseren Fotoapparat, was eine Mutter mit Kind auf dem Arm aufscheuchte. Sie rannte wie vor dem Teufel fliehend in ihr Haus und blieb ungesehen. Wir zogen uns daraufhin zurueck und liefen weiter, bis hinter uns ein LKW auftauchte. Wir baten um einen Lift und wurden gut 20 Minuten Marschweg weitergebracht. Waehrend der Fahrt blieb Augustas Hut an einem Ast haengen, so dass wir gar das Auto stoppen und Augustas zurueckrennen musste. Das war witzig.
Kurze Zeit nach dem Aussteigen ueberlegten wir, ob es sinnvoll waere den Pfad bis zu Ende zu gehen. Dieser war, wie wir gehoert hatten, in 6 Stunden ablaufbar. Da wir aber schon in 4 Stunden wieder zurueck in Boquete sein mussten, gingen wir zur Hauptstrasse zurueck, um zu Fuss Boquete zu erreichen. Die Strasse war sehr eng und bettete sich harmonisch in die Landschaft ein. Wir liefen durch eine Art Talsenke, von der aus links und rechts Berge heraufragten. Riesige Baeume, Unmengen von Pflanzen, verrueckte Voegel und ab und zu Einheimische, das waren die Dinge, die wir auf unserer Wanderung sahen. Einmal begegneten wir einem bereits totem Tier, was an eine ueberdimensionale Ratte erinnerte. Kurze Zeit spaeter trafen wir auf eine Familie, die auf ihrem Hof gerade eine Duche nahm. Die Mutter und die Kinder waren alle mit T-Shirt und Hose bekleidet, und nahmen samt der Kleidung eine Dusche. Alle waren pitschnass und die Mutter kaemmte, sitzend in ihrer mitgewaschenen Kleidung, gerade ihr Haar. Es war schon etwas eigenartig sich auf diese Weise zu waschen, aber sicher ziemte es sich nicht den Koerper zu zeigen. Augustas bat um etwas Drinkwasser aus dem Duschschlauch und weiter gings.
Wir machten Bekanntschaft mit zwei Jungen, die auch zu Fuss nach Boquete unterwegs waren. Sie liefen meist hinter uns und ueberholten uns nur zaghaft, wenn wir – zum Beispiel zum essen – eine Pause einlegten. Wir sprachen ein paar Worte mit ihnen, worauf sie stillschweigend einfach nur dastanden und uns anstarrten. Der juengere der Beiden laechelte oft scheu zurueck. Sie zogen bald so an uns vorbei, dass wir sie nicht wiedersahen.
Als wir an eine kleine Haengebruecke kamen galt es diese natuerlich zu ergruenden. Wir schwangen uns auf die Kabel mit befestigten Tretbrettern und
wackelten unseren Weg hinueber zur anderen Seite. Da kam ein aelterer Herr des Weges, der sein Pferd mit besonderen Lauten durch den Fluss lotste, waehrend er selbst ueber die Haengebruecke zur anderen Seite gelangte. Auf der gegenueberliegenden Seite gab es ein Stueck Fluss, in dem man herrlich haette baden koennen. Gedacht, getan. Kaum waren Mann und Pferd ausser Sichtweite, entbloessten wir uns und huepften ins kalte Flusswasser. Schnell einseifen, abwaschen, abtrocken und wieder anziehen. Hat das vielleicht Spass gemacht! Wie auf Bestellung tauchte der Mann wieder auf, als wir gerade mit anziehen fertig waren.
Der Weg fuehrte uns auch an einem Felsvorsprung vorbei, an dem ein paar Auslaender unter Anleitung Kletterstunden nahmen. Lustig war, wie auf der anderen Seite eine Reihe von Einheimischen stand und den Kletterern mit grossem Erstaunen zuschauten.
Wir trampten zurueck nach Boquete, holten unsere Rucksaecke ab und genossen fuer kurze Zeit das Internet. Auf unserem “Nachhauseweg” kamen wir am Park vorbei, in dem eine Veranstaltung traditioneller Taenze stattfand. Wir gesellten uns hinzu und genossen die froehlich-leichte Musik und die federhaften, fliessenden Tanzschritte der Auftrittsgruppen. Die Stimmung war fantastisch, so dass wir selbst nach der Vorstellung noch in Erinnerung daran schwelgten.
Da kam ein junger Kanadier auf uns zu, stellte uns ein paar Fragen ueber unsere Reise etc. und erwaehnte, dass er etwas verkaufte. Ich glaube er sprach von Marihuana, bin mir aber nicht sicher. Er lud uns zu seinem Freund Nathan ein und bot uns etwas Rotwein an. Kurz darauf gesellten sich zwei Maedels zu ihnen und es stellte sich heraus, dass sich die vier im Rainbow Gathering in Panama getroffen hatten. Wir plauderten ein wenig uebers Reisen und alternative Lebensweisen sowie den Vegetarismus, bis zwei Panamaer auftauchten. Freudig auffordernd baten sie uns, doch bei ihren Feuerkunststuecken zuzusehen. Wir waren sofort begeistert und gesellten uns zu ihnen. Die Feuervorstellung endete bald in reiner Plauderei, die sich Stunden hinzog. Wir genossen die Gesellschaft, bis uns fast die Augen von allein zufielen.
Unser letzter Tag in Boquete stand bevor. Wir liessen unsere Rucksaecke wie am Vortag in Tatiana’s Buero, assen Fruehstueck im Sabrozon und gingen dann schnurstracks ins Internet. Wir nutzten den Tag, um endlich mal Liegengebliebenes aufzuarbeiten, zu dem wir in unserem Reisemodus einfach nicht kommen.
Am Abend hatten wir uns mit Tatiana zum Essen kochen verabredet. Wir kochten im Haus von Tatiana’s Mutter, dessen Ehemann ein Zuckerbaecker ist. Er baeckt und verkauft seine Leckereien zu Hause und Tatiana’s Mutter laeuft jeden Nachmittag durch die Stadt, um Muffins, Brownies usw. anzubieten. So hatten wir Tatiana’s Mutter bereits kennengelernt, bevor wir wussten, das die Muffin-Verkaeuferin die Mutter Tatianas ist. Wir kochten leckere Veggie-Burger mit Reis und fritierten Gemuese, waehrend Tatiana eine Art Auberginen-Tomaten-Kaeseauflauf unter Anleitung ihres Stiefvaters anfertigte. Der Stiefvater bereitete indes ein paar Scones zu, die eine Mischung zwischen Brot und Keksen ist. Als der Tisch reich gedeckt war, hielten wir uns alle fuer ein Gebet an den Haenden und schlugen dann kraeftig zu.
Mir gefiel die Atmosphaere im Haus von Tatiana’s Mutter sehr. Hinter dem Tisch
war ein riesiges Tuch mit dem ‘Om’-Zeichen versehen, ueberall standen kleine Andenken und Buecher ueber Hinduismus herum. Wir lauschten einer angenehmen Musik und der kleine Stein, der auf der Stirn von Tatiana’s Mutter klebte versetzte mich gar in eine Stimmung, als waere ich selbst in Indien gelandet. Der Abend war ein gelungener Abschluss fuer unseren Aufenthalt in Boquete.
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