Heimlich ausgerissen und von der Kuestenpatrole erwischt (Februar 9 – 11)
März 5, 2007
Themen: Kuba
Gegen 7 Uhr morgens kamen wir in Trinidad an. Wir verabschiedeten uns von Clara und Hugo und machten uns auf die Suche nach einer Unterkunft fuer 10 Dollar (8 Euro). Bereits als wir aus dem Bus stiegen empfing uns eine Menge Leute, die eine Unterkunft anboten. Der Preis lag zwischen 15 und 20 Dollar (12,50 und 17 Euro). Wir blieben hartnaeckig bei unseren 10 Dollarn. Eine Frau akzeptierte und brachte uns zu dem Haus ihrer Mutter. Dieses Haus durfte offiziell keine Touristen beherbergen. Das stoerte uns aber wenig. Wir wollten gerade diese Leute mit unserem Aufenthalt und den damit verbundenen Einnahmen fuer sie unterstuetzen. Leider war die Wohnung so gebaut, dass wir im Durchgehzimmer schlafen sollten, genau zwischen dem Empfangs- bzw. Schlafzimmer der Mutter (ca. 75 Jahre alt) und der Kueche. Der Sohn schien auch dort zu wohnen. Die Dusche bedeutete wieder Wasser aus dem Eimer schoepfen. Das war kein Problem fuer uns. Nur die Tatsache, dass wir keine Moeglichkeit hatten uns zurueckzuziehen, stoerte mich ein wenig. Wir waren so kaputt von dem gestrigen Tag, ich wollte mich ungestoert ausruhen koennen. Wir dankten der Mutter, lehnten ihr Angebot aber vorerst ab. Das fuehrte zu einer abfaelligen Geste der Mutter, die uns deutlich machte, dass wir hier nicht mehr willkommen sind.
Wir wurden zur Nachbarin weitergereicht, die uns den gleichen Typ Wohnung zeigte. Wir verstanden, dass wir bei inoffiziellen Vermietungen wohl immer im Durchgangszimmer untergebracht werden wuerden. Die Sache ist, dass die Wohnungen in Trinidad, vielleicht auch in anderen Orten Kubas, so gestaltet sind, dass ein grosser Raum mittels Trennwaenden in sogenannte “Zimmer” umgewandelt wurde. Es fehlt allerdings eine Seitenwand inklusive Tuer, um den Raum ein Zimmer werden zu lassen. Fuer die Menschen, die uns diese Zimmer anboten, waren die Durchgangszimmer etwas voellig normales. Wir fuehlten uns aber unwohl bei dem Gedanken daran, dass staendig jemand an unserem “Zimmer” vorbeihuschen wird.
Wir dankten herzlich und liefen ein Stueck weiter aus Trinidad heraus. Dort trafen wir zwei verstaendnisvolle Personen, die uns rieten, in der Natur zu zelten. Wir freundeten uns mit der Idee an, bis uns ploetzlich ein weiterer Herr ansprach. “Wir suchen fuer 10 Dollar.” Der Herr bat uns ein wenig zu warten, kam 15 Minuten spaeter zurueck und fuehrte uns zu einem Haus mit einem kleinen Hof. Dort bat er uns Platz zu nehmen und verschwand wieder.
Eine halbe Stunde spaeter fuehrte er uns ohne Gepaeck bis zu einem am Stadtrand Trinidads gelegenem Haus. Dort war die Situation mit dem Durchgangszimmer etwas besser. Das Bett stand in einer Ecke und war mittels einer 1,50 Meter hohen Wand vom Wohnzimmer abgetrennt. Das Bett gehoerte eigentlich dem Sohn, der uns dieses aber bereitwillig zur Verfuegung stellen wuerde. Wir nahmen das “Zimmer” und freuten uns schon auf die Erfahrung in einem aermeren, kubanischen Haushalt.
Waehrend wir endlich Fruehstueck zubereiteten und eine Dusche nahmen, lief der Sohn des Hauses immer in “unser” Zimmer. Er schaute staendig, was wir auspackten. Er war extrem neugierig und scheute sich nicht, diese Neugier zu demonstrieren. Als wir geduscht und gegessen hatten, legten wir uns ein wenig zur Ruhe. Kaum lagen wir kam der Sohn und fragte, “Habt ihr eine Medizin fuer den Magen? Ich habe Probleme mit Gastritis.” Wir verneinten und erklaerten, dass wenn wir etwas haben, es nur natuerliche Heilmittelchen sind. Er schaute uns entgeistert an und liess uns in Ruhe. Fuenfzehn Minuten spaeter kam er wieder, gerade frisch rasiert, und fragte, ob wir Aftershave haben. Hatten wir auch nicht, sorry. Dann liess er uns endlich in Ruhe.
Am Nachmittag schauten wir uns Trinidad an. Es ist klein, die Haeuser haben nicht mehr als zwei Stockwerke und strahlen Gemuetlichkeit aus. Wir liefen zum Markt, der uns in Staunen versetzte. Es gab Obst- und Gemuese in Huelle und Fuelle.
Waehrend unseres Einkaufs lief uns ein vielleicht siebenjaehriger Junge hinterher. Er hatte einen Rucksack in seinen Haenden, in dem er staendig etwas suchte. Er schlich sich heran und sagte, “Gebt mir doch 1 Peso.” Was tun? “Wofuer moechtest du denn den 1 Peso?” Die Antwort brachte uns zum schmunzeln. “Fuer eine Cremita (Eiscreme).” Wir gingen nicht auf die Forderung des Jungen ein.
Am spaeten Nachmittag trafen wir Clara und Hugo. Waehrend wir ewig lange nach einer Uebernachtungsmoeglichkeit gesucht hatten und nur eine halbe Stunde Verschnaufspause genossen hatten, haben es sich die Beiden jeweils in einem riesige Bett gemuetlich gemacht. Sie erzaehlten uns, dass sie eine ganze Wohnung fuer 15 Dollar bekommen hatten. Ach, war ich neidisch! Ich wollte ja wirklich nicht mehr als 10 Dollar fuer die Unterkunft ausgeben, aber als ich von der gemuetlichen Bleibe der Beiden hoerte, war ich alles andere als gluecklich mit unserem 10 Dollar-Bett. Ich hatte wenig Grund mich ueber unsere Unterkunft zu beklagen, aber ich war so abgekaempft, dass mir die Beschreibung von Clara und Hugo wie das Paradies vorkamen, in dem ich mir in diesem Moment wuenschte zu sein. Ich seufzte.
Wir schlichen noch ein bischen mehr durch Trinidad’s Gassen. Trinidad kam uns hoechst touristisch vor und selbst wenn wir uns zum Ausruhen auf eine Parkbank setzten, kamen Personen angelaufen, die uns anboten fuer einen verhaeltnismaessig hohen Preis Essen zuzubereiten. Ueberall fuhren Reisebusse, gross und klein, herum und brachten haufenweise Touristen zu verschiedenen, fuer uns unscheinbaren Haeuschen.
Wir kehrten schliesslich zum Haus zurueck. Auf dem Weg dahin erstanden wir frisches Trinkwasser, was die Einwohner Trinidads am Abend mittels eines Schlauches, der aus dem Strassenboden reckte, in 10-Liter Eimer fuellten. Wir brauchten gar nichts zu sagen, die Leute wussten sofort was wir wollten, als wir unsere leeren Wasserflaschen aus dem Rucksack holten.
Wir assen Abendbrot und machten uns bettfertig. Als wir uns im Garten die Zaehne putzten, fiel uns auf, dass die Einwohner des Hauses wohl in einem nahegelegenen Busch ihre grosse Notdurft verrichteten. Schlimm empfand ich, dass sich ein winziger Hund genau dort hineingekuschelt hatte. Waehrend wir uns die Zaehne putzten, grunzte uns ein etwa zwoelfjaehriges Maedchen aus dem Nachbarhaus zu. Ich empfand das als eine Geste, dass wir hier nicht willkommen waren, besonders da ihre Familienangehoerigen zu ihrem Grunzen beifallheischend lachten. Bereits waehrend des Tages, wie auch am Abend, hoerte ich mehrere Male, wie die Familie und die Nachbarn ueber uns redeten. Es ging immer um Geld. Sie fuehrten staendig die Situation auf, als uns der Herr, der uns zu diesem Haus gefuehrt hatte, mit einem Pferdekarren unsere Rucksaecke zum Haus transportiert hatte. Wir waren bereit fuer den Transport zu zahlen, auch wenn wir nicht danach gefragt hatten. Als wir nach dem Preis fragten, meinte der Mann, “Gebt dem Pferdekutscher was ihr wollt.”, leise hinerherfluesternd “vielleicht 1 Dollar”. Das fanden wir entschieden zu viel fuer den Transport. Wir gaben 10 Pesos, was ungefaehr einen halben Dollar wert ist. Und genau das brachte die Leute scheinbar in Rage. Ich dachte wir koennten in unserer Unterkunft mit Menschen verkehren, die nicht nur auf materielle Werte aus sind. Wir hatten uns geirrt.
Nun schmiedeten wir einen Plan. Wir fuehlten uns sehr unwohl und obwohl wir zuvor gesagt haben, dass wir zwei Tage bleiben werden, wollten wir am naechsten Morgen das Haus verlassen. Wir bewahrten stillschweigen darueber, um niemanden vor den Kopf zu stossen. Wir packten aber unsere Sachen fertig ein, damit wir am Morgen still und leise verschwinden konnten. Noch waren wir nicht 100prozentig sicher, ob das richtig war. Wir wollten bis zum Morgen warten.
Wir wachten gegen 6 Uhr auf. Es war noch dunkel, so dass wir derweil ein paar Bananen vertilgten. Beim Aufwachen waren wir noch unsicher ueber unseren Plan und die Reaktion der Familie, im Falle sie wuerde vor dem Verlassen des Hauses aufwachen. Dann aber fassten wir uns ein Herz und los ging es. Wir schleppten alles still und leise aus dem Haus, hinterliessen eine 10 Dollar Banknote auf dem Nachttisch und weg waren wir. Als wir ausser Sichtweite waren, fing ich an mich besser zu fuehlen.
Wir setzen uns in einer Seitenstrasse des Zentrums auf den Gehsteig und feierten die gelungene Aktion mit dem Verzehr einer lecker-suessen Papaya. Dann machten wir uns auf eine Person zu finden, bei der wir unsere Rucksaecke waehrend des Tages abstellen konnten, da wir nach Casilda wollten, um die dortige Marina nach Segelschiffen abzusuchen. Wir wurden fuendig als wir an einem “Arrendedor Divisa”-Haus nachfragten. Der Herr wollte uns aus Sicherheitsgruenden nicht helfen, verwies uns aber freundlich an seinen Nachbarn. Wir vereinbarten einen Preis von 2 Dollar (1,70 Euro), einen Dollar jetzt und den zweiten wenn wir zurueckkommen. Der Herr sagte zu und wir machten uns federleicht nach Casilda auf.
Wir bekamen gleich eine Pferdekutsche und waren fuer je zwei Pesos (0,07 Euro) innerhalb von 15 Minuten in Casilda. Von dort mussten wir weitere 10km hinter uns bringen. Wir hatten Glueck. Ein Auto hielt an und brachte uns kostenlos bis nahe zur Marina. Wir sahen die Segelmasten schon von Weitem und hofften hier endlich fuendig zu werden. Wir sahen uns die Schiffe an und entdeckten unter ihnen zwei auslaendische Boote. Deren Besitzer befanden sich derzeit leider nicht in Kuba und wuerden auch nicht so schnell wiederkommen.
Nun gut, dass war kein Erfolg, aber wir hatten ja noch die Marina in Cienfuegos vor uns, zu der wir uns gegen Abend aufmachen wollten. Jetzt aber war ich erst einmal sehr daran interessiert eine Dusche zu nehmen. Leider waren die Duschen in der Marina abgeschlossen und befanden sich getrennt von den Toiletten. Ich liess mich also von Augustas ueberreden zum nahegelegenen Strand zu gehen. Dort fanden wir viele kubanische Touristen vor, die sich auf ihren Liegestuehlen im Schatten der Sonnenschirme rekelten. Wir fanden auch Aussenduschen und schon war ich gluecklich. Wir konnten schwimmen gehen und danach genuesslich eine Dusche nehmen.
Anstatt gleich ins Wasser zu springen, wollte Augustas noch weiter laufen. Wir kamen zu einem anderen Hotelgebaeude. Dort sahen wir auch das Duschzeichen und wollten die Dusche naeher erkunden. Da hielt uns ein Wachmann an und fragte, ob wir Hotelgaeste sind. Nein, sind wir nicht. Auf unsere Aussage, “Wir wollten uns nur die Dusche anschauen.”, meinte er, dass diese nur fuer Hotelgaeste zur Nutzung zur Verfuegung stehen. Ups. Wir kehrten um. Hoffentlich waren die anderen Wachmaenner jetzt nicht auf uns aufmerksam geworden. Der naechste, den wir passierten, erhielt gerade einen Funkspruch. Wir bezogen das auf uns und liefen betont gelassen an ihm vorbei. In sicherer Entfernung hockten wir uns daraufhin erst einmal in den Sand. Was waere, wenn sie uns verbieten wuerden die Duschen zu benutzen? Dann muessten wir mit der salzwassergetraenkten Haut bis zum naechsten Tag aushalten. Wir beobachteten die Wachmaenner ein wenig. Augustas wollte weiterziehen, ich aber wollte endlich ins Wasser. Da wir keine Badesachen dabeihatten, zogen wir kurzum unsere Hosen aus und sprangen – Augustas mit Unterhose und ich in Slip und T-Schirt – ins kalte Nass. Wie erfrischend! Es war einfach herrlich. Wir schwammen ausgiebig, bis es mir zu kalt wurde. Wir warteten auf einen guenstigen Augenblick, in dem die Wachmaenner ausser unmittelbarer Reichweite waren. Im Eilzugtempo stiegen wir aus den Wellen, schnappten unsere Sachen und gingen schnurrstracks zu den Duschen auf dem Hotelgelaende. Dort holten wir die Seife heraus und duschten uns samt Unterhosen und T-Shirt. Wir seiften uns kraeftig ein und spuelten uns genuesslich die Koerper. Wir machten das alles sehr schnell, da wir von Weiten einen Wachmann auf uns zukommen sahen. Wir warteten schon auf das grosse Donnerwetter. Kurz bevor wir mit dem Duschen fertig waren, sprach uns ein Wachmann sehr hoeflich an. Er wies dezent darauf hin, dass diese Duschen nicht fuer die Oeffentlichkeit gedacht waren und wir zeigten unser gespieltes Bedauern darueber. Wir entschuldigten uns und liefen mit unseren halbtrockenen Koerpern wieder gen Strand. Die Duschprozedur hatten wir erfolgreich beendet. Jetzt mussten wir nur noch trocknen.
Eine Stunde spaeter traten wir den Rueckweg nach Trinidad an. Wir hielten einen Bus an, der regelmaessig fuer Touristen zwischen Trinidad und Casilda verkehrt. Der Preis betraegt 2 US Dollar pro Person. Wir versuchten den Preis herunterzuhandeln und schafften ihn auf die Haelfte zu senken.
Wir waren im Handumdrehen zurueck in Trinidad. Dort holten wir unsere Rucksaecke ab und suchten uns eine ruhige Seitenstrasse um zu kochen. Das interessierte und amuesierte Kubaner wie auch Touristen koestlich. Es ging so weit, dass zwei Franzosen ein Foto von uns machten und meinten, “Das ist unser kubanisches Souvenir!” Wir brachen in schallendes Gelaechter aus und konnten uns ein Schmunzeln nicht verkneifen, als die Beiden spaeter winkend im Reisebus sassen und an uns vorbeizogen.
Das Essen war vertilgt und los ging es zum Ende Trinidads. Dort entdeckten wir einen “Amarillo”, einen Verkehrsinspektor, der selbst am spaeten Nachmittag mit Eifer dabei war Autos anzuhalten und sie mit wartenden Leuten vollzustopfen. Wir ueberlegten eine Weile, ob wir diese Chance nutzen
sollten oder lieber fuer den Abend einen Platz in der Natur suchen. Wir entschieden uns fuer Letzteres und liefen ein ganzes Stueck aus der Stadt heraus.
Waehrend wir an einer Menge Felder und Kuehen vorbeizogen, kuendigte sich ein Touristenauto (mit braunem Autokennzeichnen) an. Der Daum schnellte hoch und Natasha, eine Kanadierin, hielt fuer uns an. Lachend lud sie uns ins Auto ein. Natasha war gerade auf Kubaurlaub. Zurueck in Kanada arbeitet sie als sogenannte Fischpolizistin. Sie faehrt auf den kanadischen Gewaessern hin und her und kontrolliert, dass niemand illegal Fisch faengt und wenn legal, dann nicht zuviel.
Natasha war zu einem Dorf unterwegs, das sie auf der Hinfahrt mit dem Bus passiert hatte. Sie wusste nicht mehr wo genau sich das Dorf befand und fuhr sozusagen ein bischen in der Weltgeschichte umher. Sie war gelangweilt von den ueblichen Touristensachen und freute sich wie ein Schneekoenig ueber unser Auftauchen. Statt nun das Dorf zu suchen, gingen wir auf Stellplatzsuche fuer unser Zelt. Wir hielten hier und da, aber alles war voller Dornengebuesch. Dann ploetzlich tauchte ein Weg im Dickicht der Dornenstraeucher auf. Wir sahen uns dies Fleckchen Erde etwas naeher an und entschieden da zu bleiben. Natasha verabschiedete sich und fuhr zurueck nach Trinidad.
Einen Haken hatte unser perfekter Zeltplatz dann doch. Wo ein mit Autos befahrener Weg war, wuerden sicher auch ein paar Leute auftauchen. Da es Samstag abend war, stand die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass uns jemand ungewuenscht Besuch abstatteten wird. Wir versteckten uns so gut wir konnten. Als wir entlang der Riffe zum Meer gingen, schaute ich zurueck und konnte unser Zelt selbst nur mit Muehe erkennen. Auf den Riffen fanden wir eine Feuerstelle, die vor nicht all zu langer Zeit gebaut wurde. Wir sahen uns naeher um und fanden die Kanuele einer Spritze in der Asche. Oh Oh. Sollten sich hier etwa regelmaessig Drogenabhaengige treffen? Oder waren wir an einem Ort gelandet, wo Drogen gehandelt werden? Uns war das alles unheimlich und so schlichen wir schnell wieder zu unserem Zelt zurueck.
Waehrend ich noch ein paar Gymnastikuebungen machte, beobachtete Augustas die Umgebung. “Geh in die Hocke!”, meinte Augustas warnend, “Ein Mann hat uns gesehen, er hat genau zu uns hinuebergeschaut.” So ein Mist aber auch. Da finden wir zum ersten Mal einen idyllischen, menschenleeren Zeltplatz und dann entdeckt uns noch vor Einbruch der Dunkelheit ein Mann, der einfach so daherspaziert kommt. Wir hockten eine Weile vor dem Zelt. Dann spaehte Augustas erneut, sah aber niemanden. Da wir weder jemanden sahen, noch hoerten, krochen wir ins Zelt. Wir horchten angespannt, ob jemand zu uns unterwegs war. Nichts. Ich fuehlte keine Gefahr, war also recht entspannt. Aber gut, ich hatte den Herrn ja auch nicht gesehen…
Waehrend wir assen hoerten wir mehrere Male ein Auto anhalten, Menschenstimmen ertoenen und Autotueren oeffnen wie auch zuschlagen. Wir konnten nur erahnen, ob die Leute gerade kamen oder wieder gingen. Wir bereiteten uns auf das Schlimmste vor, den Fall eines Ausraubs. Wir versteckten unsere Kreditkarten und ersetzten sie durch Augustas EC-Karte. Auch den Speicherchip der Digitalcamera versteckten wir, um unsere Bilder zu sichern. Man weiss ja nie. Irgendwann war es mucksmaeuschenstill um uns und so entschieden wir zu Bett zu gehen.
Zirka eine halbe Stunde spaeter hoerten wir ploetzlich Huftritte. Pferde waren im Anmarsch und uns wurde unwohl zumute. Hatte das etwas mit dem Herrn zu tun, der uns wahrscheinlich gesehen hatte? Wollte man uns ausrauben? Oder kam jetzt die Polizei? Unsere Herzen klopften bis zum Hals. Angespannt spitzten wir die Ohren. Ja, die Pferde samt Reiter waren direkt zu uns unterwegs. Es knackte und raschelte in den uns umgebenden Dornengebueschen. Wir vernahmen nun auch die Stimmen der Reiter und kurze Zeit spaeter standen sie direkt vor unserem Zelt. Sie stiegen ab und einer der Reiter schlug mit einer unmenschlichen Gewalt auf sein Pferd ein. ‘Oh Gott, der ist betrunken! Jetzt bloss schoen brav bleiben und alles geben was sie wollen.’ Das waren meine Gedanken. “Oh Gott, oh Gott, oh Gott…”, waren meine einzigen Worte. Nun sprach der seinem Pferd gegenueber aggressive Reiter uns an. “Wir sind von der Kuestengrenzwache, wir moechten ihre Ausweise sehen.” Wir baten die Herren sich auch erst einmal auszuweisen. Ein Papier hatten sie nicht zur Hand, versuchten uns aber im Mondschein ihre Uniformen zu zeigen. Ausserdem wiederholten sie immer wieder, dass sie von der “Guardia de la frontera” (Grenzkontrolle) waeren. Wir holten unsere Reisepaesse heraus und liessen die Herren geduldig darin herumschnueffeln. Sie schrieben alle Daten auf und blieben bei meinem Pass mehrmals an dem Wort “Deutsch” haengen. “Was heisst das Wort hier in Spanisch?” “Aleman (Deutsch)”, war meine Antwort. Sie glaubten mir irgendwie nicht, was ich wiederum ganz witzig fand. Sie fragten noch weitere Male und ich versuchte es mit “das ist meine Nationalitaet, ich bin Deutsche, Deutsch ist Aleman in Deutsch”, usw. Sie waren sehr kritisch und ob sie mir das letztlich glaubten ist fraglich.
Die beiden Grenzkontrollen (GK) versuchten mehr ueber uns herauszufinden.
GK: “Wie kommt ihr hierher?”
Wir: “Wir sind gelaufen.”
GK: “Gelaufen?”
Wir: “Ja, wir machen das hin und wieder.”
GK: “Woher seid ihr gekommen?”
Wir: “Aus Trinidad.”
GK: “Ihr seid von Trinidad hierher gelaufen? Wann seid ihr losgelaufen?”
Wir: “Gegen 16 Uhr.”
GK: “Wie bitte?”
Es waren um die 35 Kilometer, die wir von Trinidad entfernt waren, das konnte also nicht sein.
Wir: “Ach, wir haben heute eine Kanadierin getroffen, die uns ein Stueck mitgenommen hat. Die hat uns dann hier herausgelassen und hier sind wir.”
GK: “Macht ihr das weil ihr kein Geld habt?”
Was fuer eine heikle Frage. Wir hatten bereits viel davon gehoert, dass die kubanische Regierung Billigreisende nicht gerne in ihrem Land sieht. Ob es wahr ist oder nicht sei dahin gestellt, doch wir erinnerten uns klar an diese Tatsache. Und so antworteten wir:
Ich:”Nein, auf keinen Fall. (Das entsprach nicht ganz der Wahrheit…)”
GK: “Lauft ihr immer? Wie reist ihr sonst?”
Wir: “Normalerweise fahren wir mit dem Bus. (nun ja, eher mit LKWs…) Manchmal auch mit dem Zug. Und manchmal laufen wir eben.”
Schweigen. Keine Reaktion. Da fuehlte sich Augustas genoetigt zu ergaenzen, “Manchmal reisen wir auch mit LKWs.” Du meine Guete!, dachte ich. Das ist das Letzte was wir sagen durften, weil uns Touristen die Reise mit LKWs offiziell untersagt ist.
GK: “Mit Trucks?” Wir sahen in zwei, weit aufgesperrte Augen mit hochgezogenen Augenbrauen. Der agressive Herr wurde laut und rief uns mit einem enormen Unverstaendis diese Frage entgegen.
Ich versuchte das Gespraech umzulenken. Ich legte mich richtig ins Zeug und versuchte an die Gefuehle der beiden Grenzkontrollen zu appelieren.
Ich: “Ja, aber vor allem lieben wir es zu laufen. Wir lieben die Natur, die Doerfer, wir wollen Kuba richtig kennenlernen. Und gerade wenn wir zu Fuss unterwegs sind, koennen wir das Land wirklich fuehlen, es atmen, es schmecken. Sind wir einen Tag zuviel gelaufen, dann reisen wir mit dem Bus weiter, aber es fuehlt sich halt nicht so gut an, wie zu Fuss ein Land zu entdecken…”
Der Ruhigere nickte mir mit einem verstaendnisvollem Laecheln zu. Der anfangs Aggressive sagte gar nichts. Er schlug uns dagegen vor, ein Taxi zu organisieren, dass uns nach Cienfuegos bringt.
Ich: “Das ist uns zu teuer.”
Ups. Jetzt bloss nicht alles kaputt machen, schliesslich lag es unserer Aussage nach nicht am Geld, dass wir hier zelteten.
Wir: “Wir nehmen lieber den Bus. Den koennen wir auch morgen frueh an der Strasse anhalten.”
Mit diesen Worten schafften wir es das Gespraech dann auch bald zu beenden. Doch gehen wollten die beiden Herren nicht. Niemand sprach. Da mir das irgendwann zu dumm wurde meinte ich, “Wir gehen jetzt schlafen.” Daraufhin verabschiedeten sich die Grenzkontrollen endlich und wir hatten unsere Ruhe.
Morgens nach dem Packen staerkten wir uns am Strassenrand. Den ersten auftauchenden Bus in Richtung Cienfuegos liessen wir an uns vorbeiziehen, obwohl wir uns irgendwie seit dem naechtlichen Besuch der Grenzsoldaten genoetigt fuehlten diesen Ort schnell zu verlassen. Der Verkehr auf der Strasse war erst dabei aufzuwachen, es gab also nur vereinzelt einige Transportmittel. So gingen wir eben zu Fuss weiter, bis ein leeres Taxi auf uns zukam. Wir hielten es an und, wer haette es gedacht, handelten den Preis von 25 Dollar auf 10 Dollar herunter. Dies verdankten wir der Tatsache, dass der Taxifahrer nicht im Dienst, sondern auf dem Weg nach Hause in Pinar del Rio (im Osten Kubas) war.
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