Zurück zum Start – warum und wie wir in der Nähe von Cancun landeten (Februar 15-16)

März 26, 2006  
Themen: Mexiko

Von Palenque hieß es nun zurück zum Start. Obwohl wir es nicht im Entferntesten vorhatten, trieb uns die Gelegenheit ein wenig Gepäck abzugeben und damit unsere Rucksäcke zu erleichtern nun in die Nähe von Cancun, von wo aus wir unsere Reise begonnen hatten. Wir erfuhren nämlich durch Zufall, während eines Telefonats mit Augustas Großeltern, dass seine Tante und Cousine eine Kurzreise nach Playa del Carmen gebucht hatten. Wir setzten also alles daran die beiden zu erreichen und nach Gelingen dessen hieß es nunmehr: Auf nach Playa del Carmen!

Unser erster Tag war wenig erfolgreich. Es war heiß und es gab kaum Autos. Wir landeten am Ende des Tages nicht weit von Palenque in einem Dorf. Dort versuchten wir den Polizisten des Dorfes zu erreichen, was damit endete, dass wir eine Stunde auf der Bank vor dem Polizei-Büro saßen. Wir vertrieben uns die Zeit mit dem Essen von supersüßen Birnen, roten knackigen Äpfeln und dem Füllen unserer Wasserflaschen mittels eines Schlauches, der neben der Regentonne deponiert war. Irgendwann gaben wir auf und machten uns auf die Suche nach ihm.

Wir erfuhren, dass der Dorfpolizist auf der anderen Seite der Hauptstraße lebt, so dass wir ihn versuchten dort ausfindig zu machen. Gleichzeitig sahen wir uns aber selbst nach einem geeigneten Schlafplatz um, da es mit grossen Schritten auf die Dunkelheit zuging. Unsere Suche endete damit, dass wir von der Besitzerin einer Papeleria (Schreibwarenladen) eingeladen wurden, im Garten (zur Straße offen) zu zelten. Sie warnte uns nur, dass gegen sechs Uhr abends in der nebenan stehenden Kirche, die eher an ein kleines Haus als an eine Kirche erinnerte, ein Kirchenchor seine Proben durchführen würde.

Wir warteten neugierig auf den Chorauftakt. Während wir uns nach dem Zeltaufbau etwas ausruhten, gingen plötzlich die Türen auf und die Fensterläden ließen uns einen Blick in das ganze Geschehen werfen. Drinnen versammelte sich eine kleine evangelische Glaubensgruppe. Das Mitgliedsalter reichte von Baby bis Großmutter. Eigenartig erschien uns neben dem schönen Gesang, dass an jenem Tag ein Junge im Alter von 10 Jahren die Messe hielt. Er stand vorne am Pult und laß aus der Bibel vor.

Als die Zusammenkunft beendet war, kam der kleine Pastor – der Junge, der die Messe hielt – in Begleitung zwei jüngerer Mädchen neugierig auf uns zu. Wir kochten gerade Reis, Nüsse, Sesamsamen, Anchoyte (Gewürz, um den Reis rot zu färben und eine Portion Geschmack hinzuzufügen) und ergänzten das Ganze mit Salsa Casera (einer leichten Chilli-soße) – unser Abendbrot. Das Pastorchen schubste die beiden Mädels vor sich her, ohne die er wohl nicht den Mut gehabt hätte uns über unseren Mini-Campingkocher auszufragen. Sowas hatten sie alle noch nicht gesehen. Die Neugier siegte aber bald über die Schüchternheit und wir fingen an unseren Kocher zu erklären. Seine Frage, was wir denn kochten, beantworteten wir ausführlich, was zu einem herrlichen Kommentar, gerichtet an die ihm begleitenden Mädels, führte: “Seht ihr, die wissen wie man kocht. Ihr könnt ja noch nicht einmal Reis zubereiten…!” Wir konnten uns ein Schmunzeln nicht verkneifen, da die beiden Mädels gerade mal sieben oder acht Jahre alt waren.

Nun waren auch wir neugierig. Es passiert ja nicht alle Tage, dass man einen 10jährigen Jungen die Messe halten sieht. Er erklärte uns daraufhin, dass jeweils einer der Gemeindemitglieder nach Plan eine Messe ließt. Das bedeutet, derjenige, der für diesen Tag eingeteilt wurde, muss ein bestimmtes Thema aufarbeiten und seine Arbeit dann vor den anderen Mitgliedern präsentieren. Wir waren begeistert, wie intensiv die Religionsarbeit doch in so einem kleinen Dorf sein kann. Und dabei ist nur ein kleiner Teil des Dorfes evangelisch.

Es kamen weitere Neugierige aus der Kirche auf uns zu. Alle bestaunten die Möglichkeit, mit so einem kleinen Ding zu kochen. Nach einem kleinen Plausch traten dann alle ihren Heimweg an. Kurze Zeit später, noch während wir kochten, kam dann ein Herr auf uns zu und stellte sich als der Dorfpolizist vor. Na endlich! Wir haben – bzw. er selbst hat – uns gefunden. Wir erfuhren nun auch, dass die Papeleria-Besitzerin seine Frau war. Er war sichtlich erfreut uns helfen zu können und lud uns sogleich ein, im Religionsunterrichtsraum der Kirche zu übernachten. Wir nahmen freudestrahlend an und genossen alsbald unser Abendessen ohne eine blutgierige Schar von Mücken um uns herum. Der einzige der uns nicht von den Fersen rückte war der Pastorjunge. Wir boten ihm mehrmalig an von unserem Abendessen zu kosten, was er aber immer wieder ablehnte. Wir blieben hartnäckig und als wir ihm dann einen kleinen Löffel in die Hand drückten probierte er endlich. Er fand Gefallen an unserem Abendmahl und alsbald sassen wir zu dritt – Augustas und ich auf der Bank, er gegenüber auf dem Stuhl – um den Kochtopf und assen mit Genuss. Vielleicht wirkten wir ja sehr hungrig auf den Jungen, da er sich bald in seinem Stuhl zurücklehnte, seine Hand an den Bauch hielt und uns gestenreich erklärte, dass da kein Platz mehr für mehr ist.

Während des Essens klärte uns der Junge auch über die kriminellen Energien im Dorf sowie in der näheren (7 km entfernten) Umgebung auf. Es kamen Randale, Gewaltaten und sogar Morde in jener Gegend vor. Unvorstellbar für uns schien es dem Jungen wohl bekannt zu sein. Wir wurden zuvor bereits gewarnt, dass man nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr unterwegs sein sollte, somit passte die ganze Aufklärung gut ins Bild. Andererseits erzählte er uns mit belehrender Miene auch, dass einst ein Engländer im Dorf vorbei kam und es ihm in der Gegend so gut gefiel, dass er dort für ein paar Jahre blieb. Mh. Wie auch immer. Wir genossen die Zeit mit den sehr hilfsbereiten und freundlichen Dorfbewohnern.

Am nächsten Morgen hieß es dann wieder die Pferde zu satteln und loszureiten. Wir packten also unser Haus (Zelt), Bett (Matratzen) und Kochzeugs zusammen, sattelten die Rucksäcke auf unseren statt auf Pferderücken und los gings zur Straße, an der wir dann für einige Zeit in der Sonne brutzeln (braten) mussten, bis wir endlich losreiten konnten, oder – präziser ausgedrückt – bis uns endlich ein Auto mitnahm.

Nachdem wir uns die Wartezeit mit dem Beobachten eines florierenden Fleischerstandes, der einzig aus ein paar Holzlatten und einem schäbigen Dach bestand und dessen Verkaufsgegenstände wohl erst am Morgen frisch zubereitet wurden, vertrieben, unsere Blicke mit Interesse den Jugendlichen folgten, die zwischen Schule und Dorfzentrum ständig hin- und herspazierten und unsere Aufmerksamkeit den jungen Männern, die stolz mit ihren Macheten (Buschmessern) an uns vorbeimarschierten, für einige Zeit galt, hielt endlich ein Auto an. Es war ein weisser Pick-up, mit mehr als genug Platz auf der Ladefläche. Wir vereinbarten bis kurz vor Escarcega (sprich: Eskarsega) mitzukommen, machten es uns bequem und los ging die rasante Fahrt. Die Geschwindigkeit lag so um die 150km/h oder mehr. Augustas schielte ab und zu ins Fahrerhäuschen, um mich über die Geschwindigkeit auf dem Laufenden zu halten. Wir hielten immer mal kurz an, da Freddie, der Fahrer, beauftragt war einigen Papierkram zu erledigen. Deshalb war er auch unterwegs und wie wir später bei einem leckeren Fruchtwassereis erfuhren, trieb ihm diese Arbeit bis nach Merida. Bingo!, dachten wir und bemühten uns sofort darum bis nach Merida mitzukommen. Immerhin gab es ja zwei Wege nach Rom bzw. nach Playa del Carmen: über Xpujil (Uschpuchiel – “ch” wie in Buch) und Campeche (Kampetsche) oder über Merida und Valladolid. Wir änderten also kurzfristig unseren nichtvorhandenen Plan.

Bevor es auf die Straße nach Merida ging, hielten Freddie und Laura (seine Freundin) an einem Restaurant an, um zu frühstücken. Es war bereit nach 12 Uhr und da wir zwar schon gefrühstückt hatten, unsere Mägen aber schon wieder reichlich knurrten, nahmen wir mit Wohlwollen die Einladung zum “Frühstück” an. Wir erklärten unsere Essgewohnheiten und bekamen daraufhin eine Nudelsuppe mit Tomatengeschmack. Dazu gab es leckere, selbstgebackene Tortillas und ein großes Glas frischgepressten Orangensaft. Köstlich, kann ich da nur sagen, einfach köstlich! Augustas probierte nebenbei noch die Salsa, was er vielleicht lieber hätte bleiben lassen sollen, ist diese doch für europäische Münder einfach nicht vorgesehen. Er kämpfte dann mit Hitzewallungen und einem dringlichen Brennen im Mund. Glücklicherweise schaffte ich es noch ihn zu warnen, auf dieses scharfe Zeug nicht literweise Flüssigkeit zu kippen, sondern lieber Tortillas zu essen. Am Ende gab es für die anderen drei noch einen Flan, eine Art Pudding aus Eiern, `Karamel, Zucker, Milch u.a., auf die ich aber – meiner Lactoseintoleranz bewußt – lieber verzichtete.

Mit vollen Mägen ging es dann weiter Richtung Merida und da mein Rücken aufgrund der ungünstigen Sitzposition ein wenig meckerte, es außerdem superheiß war und ich mich immer unter meiner Jacke als Sonnenschutz verkriechen musste, entschied ich mich das erneute Angebot, vorne im Fahrerhaus zu sitzen, anzunehmen. Die Temperaturen änderten sich von heiß zu kalt und ließen mich irgendwann die Jacke überziehen, obwohl draußen so um die 30 Grad Celsius waren.

Irgendwann fuhren wir an einem Dorf vorbei, was eingemachtes Obst verkaufte. Ich dachte, WOW!, so weit weg und die machen das Gleiche mit dem Obst wie wir. Auf mein Nachfragen, ob es sich wie vermutet um eingekochtes Obst handelte, erfuhr ich, dass es sich zwar um dergleichen aber mit Alkoholversatz handelte. Es waren also hochprozentige Früchte, die mich in ihren Gläsern unschuldig anschauten. Die Idee so ein Glas mit Inhalt zu erwerben wischte ich somit aus meinen Gedanken.

Vier oder fünf Stunden später kamen wir dann endlich in Merida an. Freddie war so lieb uns bis zu der Kreuzung des Autobahnrings zu bringen, die nach Valladolid führt, so dass direkt weitertrampen konnten. Hätte er dies nicht getan, wären wir wohl erst einen Tag später an der Kreuzung angekommen, oder aber gar nicht.

Glücklich über unsere Position, ging es dann eine halbe Stunde später weiter bis nach Piste. Wir waren ein wenig besorgt, dass wir erst bei Einbruch der Dunkelheit ankommen werden, aber unser Fahrer beruhigte uns mit der Möglichkeit, auf dem Fußballfeld des Dorfes zu übernachten. Er meinte, dort würden ständig die Amerikaner und Kanadier ihre Zelte aufschlagen, so dass wir uns gut vorstellen konnten spät anzukommen und uns wohlzu fühlen.

Als wir jedoch ankamen, wurden wir nicht zu einem fussballstadiumähnlichen Platz gebracht, sondern zu einem Ort, der mit festgetretenem Sand ausgestattet, von Abfall und – zur Hälfte – von Bäumen umgeben war und dessen andere Hälfte im vollen Blickfeld der Anwohner und der diesen gehörenden ständig bellenden Hunde lag. Wir waren bedient, hatten wir es unseren Köpfen doch ausnahmsweise mal erlaubt Erwartungen zu hegen. Wie immer erfüllten sich diese nicht und wir machten uns nach Verabschiedung unseres Fahrers daran im in der Dunkelheit weniger sichtbaren müllbedeckten Boden unser Nachtlager aufzuschlagen. Wir fühlten uns trotz alledem wohl. Einzig die Hunde wollten uns nicht in Ruhe lassen, aber da sie dies nur mit Bellen und nicht körperlicher Anwesenheit taten, lehnten wir uns zurück und entspannten.

Augustas schaffte es während jenem Abends noch seine Tante und Cousine für einen Besuch der Ruine Chitzen Itzį zu interessieren, so dass wir den nächsten Tag nicht zum Trampen, sondern zum Ausruhen nutzen würden. Nachdem ich dann noch fix Müsli in Wasser aufgeweicht aß, schliefen wir glücklich und zufrieden ein.

Am nächsten Morgen hieß es dann auf die ersten Sonnenstrahlen warten, uns mit Matratzen, Zelt und Handtüchern zu behängen und auf das Trocknen dieser zu warten, da es die Nacht über zwar leichten, aber andauernden Regen gab. Da standen wir nun, ich mit zwei Matratzen, auf jeder Schulter eine, und Augustas abwechselnd beschäftigt mit dem Halten des Zelts und dem Wiederaufhängen der Regenplanen, die ständig von den Büschen fielen.

Was ich nach der zweitägigen Reise in Hitze und Regen nun unbedingt nötig hatte, war eine Dusche. Doch wo eine hernehmen, wenn nicht stehlen? Augustas versuchte mich auf den Abend zu vertrösten, wogegen ich mich aber mit Händen und Füßen sträubte. Ich wollte eine Dusche und da wir ja bereits einmal in Piste waren, wusste ich auch, wo ich die – unter Umständen kostenlos – geniessen konnte. Wir gingen also zu dem Campingplatz, in dem wir Wochen vorher gezeltet hatten. Augustas postierte sich am Eingang mit den Rucksäcken. Ich suchte schnell all mein Duschzeug und frische Kleidung zusammen und machte mich auf leisen Sohlen, fast an der Wand entlang, um nicht gesehen zu werden, und mit der Aufmerksamkeit einer Füchsin in Richtung Dusche auf. Ungesehen und glücklich schlupfte ich in die Tür hinein, schloss sie und began meinen ersehnten Reinigungsprozess. War das eine Wonne! Und dann auch noch warmes Wasser! Ich fühlte mich wie ein Paradiesvogel. Nach Beendigung dieser ganzen Erneuerungsprozedur füllte ich noch unsere Wasserflaschen und machte mich so leise und ungesehen vom Acker, wie ich gekommen war. Aus dem Blickfeld entschwunden, kam pure Freude in mir hoch und ich versuchte Augustas nun dazu zu bewegen, auch eine Dusche zu nehmen. Obwohl er eine Chance witterte, waren seine Zweifel entdeckt zu werden so gross, dass in dem Moment, als er endlich Richtung Dusche entschwinden wollte, ein Herr mit Transportfahrrad vom Campingplatz kommend an uns vorbeifuhr und nach dessen Entschwinden die Dame des Hauses um die Ecke schielte. Die Chance war also vertan und Augustas musste bis zum Abend auf seine Körperreinigung warten.

Nun war es an der Zeit unsere Mägen zu füllen, ein Internetcafe ausfindig zu machen und Doktor Hildo, den wir damals in Panaba kennengelernt hatten, anzurufen. Letzteres war dringlich, da mein Rücken am Ende seiner Kräfte war. Wir gingen deshalb zur Stadtverwaltung in Piste und fragten nach der Telefonnummer der Stadtverwaltung in Panaba. Wir hatten nämlich nur eine Adresse und keine Telefonnummer von Doktor Hildo. Es kostete einige Zeit die Gelben Seiten zu finden. Nachdem wir so einige Telefonnummern ausprobierten, unter anderem eine der Familie von Doktor Hildo, wir aber niemanden erreichen konnten, entschieden wir es später wieder zu probieren. Da unsere Mägen jetzt so richtig laut knurrten, ließen wir uns auf einer Bank im zentralen Park (Zocalo) von Piste nieder und fingen an Reis mit Salsa Casera (scharfe Tomatensosse) zu kochen. Das fanden zwei der Kinder, dessen Eltern am Zocalo Tacos und Früchte verkauften, wahnsinning interessant. Sie gesellten sich zu uns und schauten mit großen Augen zu, was wir da auf unserem Mini-Kocher – der wohl die Hauptattraktion war – zusammenbrauten. Die beiden waren 10 und 6 Jahre alt, wirken auf uns aber wie 3 und 6. Sie hatten ihren Ursprung in der Maya-Kultur, dessen Körperstatur im Vergleich zu unserer ein ganzes Stück geringer ist. Wir genossen die Gesellschaft dieser beiden Frechdachse. Irgendwann brachten sie auch ihre Eltern mit, die uns fragten, ob wir das Alles aufessen würden. Uns erschien ein gefüllter 1,5 Liter Topf nicht zu viel, aber in seinen Augen schien es für mindestens sechs Personen zu reichen. Der Vater fragte uns, ob wir das ganze mit Tortillas essen würden, was wir verneinten. Uns wurde damit auch klar, warum die Portion in seinen Augen zu groß war. Ißt man nämlich eine handvoll Tortillas dazu, braucht man nur wenig von diesem Reis-Salsa-Brei, den wir letztlich hatten. Er schenkte uns einen kleinen Beutel voller Tacos, die wir ergänzend zum Reis essen konnten. Obwohl wir auch unser Essen anboten, wurde dies dankend abgelehnt. Auch die Kinder waren schwer davon zu überzeugen, ein wenig von unserem Mahl zu probieren. Letzten Endes kostete zumindest der Junge.

Nach dem Essen hieß es Zähne putzen und beim Centro de Salud, dem Gesundheitzentrum, vorbeizuschauen. Ich hielt die Idee, Doktor Hildo anzurufen und per Telefon zu erfahren, was ich mit meinem Rücken machen kann bzw. welchen Arzt ich dazu konsultieren könnte, für zu abwegig und entschied mich daher im Centro de Salud vorbeizuschauen. Dort musste ich mich für eine Weile gedulden bis ich dran kam. Ich wurde während des Wartens noch gemessen und gewogen, wobei ich nach deren Maßeinteilung plötzlich 1,88m groß war und nicht 1,68m. Ich frage mich wirklich wie es dazu kommen konnte, haben die Mexikaner doch das gleiche Maßsystem wie wir Europäer. Wir schmunzelten eine Weile darüber und bald darauf kam ich dann dran.

Der Doktor hörte sich meine Krankheitsgeschichte an, überprüfte den Rücken und verschrieb mir daraufhin Paracetamol gegen die Schmerzen und ein Medikament gegen die Muskelentzündung, unter der ich seiner Meinung nach litt. Ich war froh, endlich einen Arzt konsultiert zu haben und noch dazu nicht wirklich etwas dafür bezahlen zu müssen. Die Behandlung im Centro de Salud ist nämlich kostenlos und das Geld, was man vielleicht doch gibt, fließt dann in die Kaffeekasse. Ich nahm also die Medikamente und mir ging es bald etwas besser. Zumindest dachte ich so, da die Schmerzen nachließen.

Wir mussten noch einige Einkäufe machen und dann “nur noch” auf Augustas’ Tante und Cousine warten. Wir liefen bis zum Beginn der Straße, die nach Chitchen Itzį führt. Nicht das ich das in meinem Zustand wollte, aber irgendwie wussten wir nicht wann und wo seine Verwandten ankommen würden, so dass wir dies als den günstigsten Ort eines Aufeinandertreffens auswählten.

Dort angekommen machten wir es uns bequem. Ich spielte ein wenig auf der Flöte und wir blödelten etwas herum. Wir hatten Zeit und Durst, so dass wir uns entschieden Jamaica, einen Tee aus einer Sorte Baumblüten, zu kochen. Da mein Magen wieder knurrte, ging ich zum nahegelegenen Restaurant und fragte, ob sie Tortilla oder Brot verkauften. Tortillas hatten sie und obwohl es sicher reichlich ungewöhnlich war, dass ein Tourist statt eines ganzen Mahles nur Tortillas wollte, folgte ich bald eine der Anwesenden bis zur Küche. Ich wartete zwei Minuten und schwups ging die Tür auf und mir wurde ein Paket heiße Tortillas in die Hand gedrückt. Auf meine Frage, wieviel das kostete, schmunzelte die Dame nur und meinte, “Nichts.” Juchuuu! Mit strahlenden Augen und einem verschmitztenLächeln auf meinem Lippen kam ich dann auf Augustas zu, der seinen Ohren nicht glauben mochte. Kurze Zeit später sassen wir also am Straßenrand, tranken heißen Jamaika-Tee und genossen Tortillas gefüllt mit Rosinen.

So verstrich die Zeit. Augustas machte sich schon Sorgen, wo seine Verwandten blieben, bis irgendwann eine Nachricht kam: “Wir sind am Eingang von Chitchen Itzį. Wo seid ihr?” ??? Wir standen vor vielen Fragezeichen. Wie bitte hatten die beiden uns passiert, ohne uns zu sehen, geschweige denn, ohne dass wir sie gesehen hatten? Wir packten also zusammen und liefen noch die letzte Strecke bis zum Eingang von Chitchen Itzį. Dort angekommen konnten wir die beiden nicht ausfindig machen. Es hieß dann eine weitere halbe Stunde warten und endlich waren sie da. Die beiden hatten nämlich den Treffpunkt verwechselt.

Augustas war überglücklich, endlich mal wieder ausgedehnt zu schwatzen und da ich mich eh lieber ausruhen wollte, setzte ich mich erleichtert irgendwo abseits von ihnen auf unsere Rucksäcke und lehnte mich gegen einen Pfeiler. Die beiden entschieden die Ruinen noch zu sehen, obwohl es bereits 6 Uhr war. Statt allerdings gleich hineinzugehen, warteten sie noch eine Weile und kauften uns letztlich eine Eintrittskarte mit. Diese war für die Lightshow (Lichtaufführung) und wir freuten uns, nun doch legal Chitchen Itzį zu sehen.

Als wir eintraten wurden alle zu einem großen Platz geführt, wo die größte der Pyramiden stand. Wir alle hätten lieber eine Nachttour durch die Ruinen gemacht, da es aber stockdunkel war und wir nicht einmal eine kleine Taschenlampe mithatten entschieden wir uns zu den anderen Gästen zu gesellen. Diese nahmen auf den bereitgestellten Plastikstühlen Platz, die letztlich nicht ausreichten. Es mussten weitere Stühle herangefahren werden. Dann ging die Lightshow endlich los. Es gab etwas Hintergrundmusik, bis zu zwei Stimmen die in Spanish redeten und ab und zu ein paar Figuren, die als Lichtschein auf den Ruinen erschienen. Ich verstand ein wenig, die anderen dagegen gar nichts. Ich fragte mich nur, was der Zweck einer Lightshow ist, wenn niemand etwas versteht und ausser den Lichtern auch nichts passierte. Ich dachte, da kommen vielleicht ein paar Tänzer oder Schauspieler, um die Geschichte und das Leben rund um die Pyramiden etwas zu verbildlichen, aber es passierte nichts. Irgendwann wurde es uns zu bunt und wir entschieden uns diesen Ort zu verlassen. Wir – Augustas und ich – waren froh, damals keinen Eintritt für die Ruinen bezahlt zu haben und das Thema Chitchen Itzį hatte sich für uns endgültig erledigt.

Dann gings im Auto mit Augustas’ Verwandten nach Playa del Carmen. Auf dem Weg, genauer gesagt in Cancun, verfuhren wir uns mächtig und brauchten eine geraume Zeit bis wir endlich wieder auf der richtigen Straße waren. Während wir einen kurzen Halt machten, um Eis oder andere Leckereien zu kaufen, hieß es für mich: Auf zum Klo! Ich schaffte es gerade noch, bevor eine Explosion meines Darmes mich dann für eine Weile auf der Toilette verharren ließ. Noch wage und mit dem Verdacht, eine zweite, kleinere Explosion würde folgen, schlich ich mich dann Richtung Auto. Während die anderen drei mit ihren Zungen an leckerem Eis schleckten, hielt ich mir nur den Bauch. Ich musste nicht lange nach der Erklärung suchen: die Medikamente!

Gegen 22 Uhr in Playa del Carmen endlich angekommen, mussten wir erst einmal unseren www.HospitalityClub.org host suchen. Seine Beschreibung war ausführlich, der Ort war klein und wir fanden es trotzdem nicht. Wir hielten darauf einen Polizeiwagen an, besser gesagt stoppte die Polizeitruppe von allein, der uns zu unserem ersehnten Ziel brachte.

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