Wechselnde Lebensstile

Juli 23, 2006  
Themen: Belize

Wir befanden uns gerade auf dem Weg nach Corozal, als wir auf der Fähre Alan begegneten. Er scherzte gerade mit den Fährenmännern, und lud uns kurz darauf in sein monströses Auto ein. Auf dem kurzen Weg nach Corozal erzählten wir von meinem Rückenproblem, worauf Alan uns einlud in die amerikanische Krankenstation mitzugekommen. Da er dort als Arzt tätig ist, lud er uns kostenlos zu einer Untersuchung meines Problems ein. Da er Neurologe ist, war mir das ganze etwas suspekt. Wie soll ein Neurologe mir Auskunft über meine Muskelprobleme geben können? Vielleicht war ich aber auch noch immer stark gezeichnet von meinen Erfahrungen mit der modernen Medizin in Playa del Carmen, Mexico. Da ich mich bereits seit einer Woche in der Behandlung von Helen und Warren befand, und dort auf traditionelle Weise mit Massagen behandelt wurde, konnte ich meine Skepsis nicht verbergen.

Aber gut, wir gingen mit. Er klopfte hier und da, fragte mich verschiedene Sachen, liess sich zeigen wo es am meisten schmerzt, und wollte wissen wie ich mich fühle. Am Ende kam er zu dem Schluss, dass meine Muskelprobleme und meine Schwäche an einer Überfunktion der Schildrüse leide. Er meinte, dass wäre deutlich an meinem Hals zu sehen, und schlug für eine eindeutige Diagnose einen Bluttest vor. Überfunktion der Schildrüse, dass hätte theoretisch sein können, da bereits meine Mutter früher solche Probleme hatte. Aber wohl war mir bei dem Gedanken nicht. Wir fuhren dann mit Alan zusammen zum klinischen Labor, was aber leider geschlossen war.

Zwei Tage später kamen wir zum Bluttest, und Ende der Woche lag das Ergebnis vor. Um die Diagnose abzuholen, gingen wir bei Alan zuhause vorbei. Auch Cathy war anwesend, als die Diagnose lautete: keine Überfunktion der Schilddrüse. Mir fiel ein Stein vom Herzen, hatte ich doch mittlerweile schon das Internet durchgrast, auf der Suche nach Ausprägungen dieser Krankheit, und deren Behandlungsweisen. Für mich stand nur fest, Pillen schlucke ich keine mehr. Meine Schilddrüse ist also gesund, aber meine roten und weissen Blutkörperchen zu wenig. Alan schloss anhand dieser Werte auf einen zu niedrigen Vitamin B12 Spiegel. Cathy, gelernte Krankenschwester, gab mir noch am selben Nachmittag ein Portion Vitamin B12 in Form einer Einmonatsspritze. Das Fläschen mit dem Vitamin gaben sie auch mit, was für zehn Monate reichen sollte. Und tatsächlich ging es mir knapp drei Tage nach der Injektion so gut wie schon lange nicht mehr.

Während dieses Treffens, baten uns Cathy and Alan, ob wir nicht auf ihr Haus samt Hund und zwei Katzen für die Zeit über Ostern aufpassen könnten, da sie für Alan’s Augenoperation für ein bis zwei Wochen nach Florida reisen müssten. Wir erklärten uns sofort bereit, den beiden auszuhelfen, und nach gerade mal drei Wochen die wir uns kannten, zogen wir in deren Haus ein.

Wir fühlten uns wie in einem Palast, mit dem riesigen Garten, dem Schlaf- und Wohnzimmer, der Veranda, der geräumigen Küche, dem Computer mit Internetanschluss, und sogar der Möglichkeit Videofilme zu schauen. Sammy, der Hund, ist einfach super. Er ist von einem riesigen Kaliber, so dass ich, sollte ich ihn unbekannterweise auf der Strasse treffen, schleunigst reisaus nehmen würde. Mit seinem stolz wogendem Schritt, hätte ich mehr als Respekt vor ihm. Da wir uns aber persönlich kennenlernten, viel diese gefährliche Maskerade, und übrig blieb ein liebevoller, spielsüchtiger, ständig nach Aufmerksamkeit haschender Hund. Wir drei waren voneinander begeistert, spätestens als wir uns im Garten zum Fange spielen einfanden.

Die Katzen liessen uns immer bis zum Abend in Ruhe. Dann wollten sie essen, und auch Streicheleinheiten. Die gab es allerdings nicht, da ich eine Katzenallergie habe. Eigentlich hätte ich vernünftig sein müssen, und nicht zusammen mit Augustas die Verantwortung für das Haus übernehmen sollen. Das resultierte nämlich nach zwei Tagen in extremen Allergiebeschwerden. Nachdem ich nicht nur ständig kräftig niesen musste, meine Nase tropfte bis sie zugeschwollen war, auch die Luft in den Lungen wurde bald zu wenig, da sich diese zusammenzogen. Wie sollte ich nur die zwei Wochen in diesem Katzenhaus überstehen? Für mich stand fest, ich schlafe draussen im Zelt. Das war zwar anfangs etwas unruhig, da Sammy nachts, wenn die anderen Dorfhunde ihr Gejaule starteten, ebenfalls seinen Senf dazugeben wollte. Ausserdem wollte er immer zwischen zwölf und ein Uhr nachts ins Haus zurück, was für mich aufstehen und Tür öffnen bedeutete. Nach ein paar Tagen hatte ich mich daran gewöhnt. Da ich aber mit zunehmenden Allergenkontakt immer sensibler werde, folgten mir die Symptome auch während des Toilettengangs, der Dusche, dem Essen, und dem Video ansehen. Manchmal verzichtete ich darauf freiwillig, weil ich es einfach nicht mehr im Haus aushielt.

Jeden Mittwoch kam Soledad, eine junge, fröhliche Belizianerin, zum saubermachen. Sie brachte meist ihren Neffen mit, und kam mit mir zwecks der Katzenallergie ins Gespräch. Ihr Neffe hatte die gleichen Symptome, bis sie bei einem traditionellem Maya-Arzt waren, der ihm für drei Monate einen Heiltrunk verordnete. Dieser musste täglich während des ganzen Tages getrunken werden. Er bestand aus einer halben Ananas, Ingwerwasser (5 cm Ingwer in Scheiben geschnitten und mit 0,5 Liter Wasser 5 Minuten lang gekocht), einem Aloe-Vera Blatt und Wasser. Das ganze muss im Mixer zu Saft verarbeitet werden, und ergibt meist um die zwei Liter Flüssigkeit. Nach den drei Monaten täglicher Einnahme hat sich die Tierhaarallergie von Soledad’s Neffen in Luft aufgelöst. Ich probierte das natürlich gleich aus, aber neben extremen Blähungen, musste ich auf einmal noch mehr Niesen. Nach ein paar Tagen beriet ich mich mit Soledad und ihrer Mutter, und wir kamen zu dem Schluss, dass während der Behandlung ein unmittelbarer Kontakt zu dem Allergen wohl nicht ratsam ist. Ich probierte es also wieder, als wir zurück im The Last Resort waren, gab aber auch da nach einer Woche auf. Grund waren die starken Blähungen, die ja nicht gesund sein konnten. Ich wusste schon zuvor, dass ich nie zu viel Ananas essen darf, da sonst Blähungen auftauchen. Da dieser Drunk aber auf Ananas basiert, hörte ich mit der Behandlung auf. Vielleicht hätte ich auch Orangen statt Ananas verwenden können, aber von Helen, meiner Masseurin, erfuhren wir später, dass Ananas für seine schleimlösende Wirkung in den Bronchien und Lungen bekannt ist. Der Drunk hätte also mit Orangen nicht seine Aufgabe erfüllt.

Wir hatten die Möglichkeit Cathy’s Pick-Up zu nutzen, während die beiden in Florida sind. Wir fuhren also eines Tages nicht nur zu unserem wöchentlichem Einkauf und zur Massage nach Corozal, wir entschieden auch einen anderen Rückweg zu nehmen. Hätten wir das bloss nicht gemacht. Bis Orange Walk war es eine wunderbare glatte Strasse, aber von dort bis nach Copper Bank war die reinste Katastrophe. Die Strassen zwischen diesen beiden Orten, die auch an Progresso vorbeiführt, ist übersät mit riesigen Schlaglöchern. Unser Auto war alt und nicht gefedert, geschweige denn hatte es Allrad. Wir humpelten also auf … km im Schneckentempo voran. Wie Frösche hob es uns ständig in die Lüfte, und schüttelte uns hin und her. Ich fragte mich, warum ich eigentlich bei der Massage war, denn die Entspannung hatte sich mittlerweile wieder in Anspannung verwandelt. Nach knappen drei Stunden kamen wir dann endlich in Copper Bank an und schworen uns, diese Strecke kein zweites Mal zu betreten.

Während wir im Haus wohnten, baten wir Alan und Cathy uns ein bestimmtes Zelt aus Florida mitzubringen. Das taten sie auch, und schlussendlich wollten sie nicht einmal Geld dafür. Wir haben also, die Nebenwirkungen mal beiseite gelassen, nicht nur fürstlich für knappp zwei Wochen bei ihnen gewohnt, wir haben dafür auch noch ein neues Zelt bekommen. Was will man eigentlich mehr?

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