Mama und aller guten Dinge sind vier (Februar, 3)

Februar 12, 2006  
Themen: Mexiko

Hallo, ich bins mal wieder ;))

vor drei Tagen sind wir in einem sehr touristischem Ort angekommen – Palenque. Er ist bekannt fuer seine besonderen Maya Ruinen. Normalerweise versuchen wir solche Ort ja zu vermeiden, aber dieses Mal bekamen wir eine Unterkunft gestellt. Dafuer hat das medizinische Zentrum fuer die Gemeinschaften und Doerfer rund um Palenque gesorgt. In dieses Zentrum kommen die Menschen, die weniger als gar nichts haben, damit sie medizinisch versorgt werden. Nebenan ist auch noch ein Zentrum fuer Menschenrechte, wo fuer bessere Zustaende in den vernachlaessigten Gegenden gekaempft wird.

Vor einer Woche hielten wir uns fuer zwei Naechte in einer Gegend auf, wo Menschen mit Traditionen vergangener Tage leben. Die Kleidung sieht aus wie aus dem 18-19. Jahrhundert. Diese Menschen haben keine Autos, keinen Fernseher, aber heutzutage erlaubt die Gemeinschaft auch ab und an einen Kuehlschrank oder sogar eine Mikrowelle. Sie sprechen Niederdeutsch, eine Sprache die heute in deutschen Gegenden nicht mehr existiert. Sie nennen sich in englisch “MENNONITES”. Ihre Glaubensgemeinschaft ist in Kanada, den USA und in Mexiko verstreut. Mehr dazu kommt demnaechst, jetzt aber erstmal dazu, was davor passiert ist (siehe unten).

Vergesst nicht, dass wir waehrend unserer Reise die “Connecting the World” Idee realisieren, wo wir Menschen mittels eines kleinen Geschenks miteinander verbinden. Wir haben bereits 8 Verbindungen in unserer Kette! Ihr seid immer willkommen, mehr ueber jede dieser Personn zu lesen, folgt dazu einfach diesem Link:

http://followtheroad.com/de/connect/

Und bitte nicht vergessen, wir warten immer auf Neuigkeiten von euch, was auch immer sie sein moegen!

Danke, dass ihr mit uns reist!

Augustas & Katja

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Mama und aller guten Dinge sind vier (Februar, 3)

Das Wetter dieses frühen Februartages war heiß, heiß und kochend heiß. Dort, wo wir unsere Rucksäcke ablegten, gab es zwar einige Bäume, aber Nullkommakeinen Schatten. Wir waren der Sonne restlos ausgeliefert, aber fest davon überzeugt, dass wir es überleben werden.

Kaum standen wir auf der Strasse Richtung Mama schaltete die im Schatten geparkte Polizei ihren Lautsprecher an: “A donde vas?” (Wo willst du hin?) Wir ignorierten diese Frage gefliessentlich. Sollten sie doch bitte ihre Hintern in unsere Richtung bewegen, wenn sie Fragen haben. Das geschah auch kurz darauf. Sie kamen zu dritt in ihrem tollen Polizei-Jeep an, öffneten das Fenster und fragten

“Was macht ihr hier?”
Wir trampen.
“Das dürft ihr nicht machen.”
Warum nicht?
“Das geht nicht und das funktioniert auch nicht.”
Nun, wir reisen bereits seit einigen Wochen per Anhalter herum. Gestern sind wir per Anhalter hier angekommen und durften sogar in dem Restaurant dort drüben nächtigen.
[Schweigen und nachdenkliche Blicke]

Augustas ging daraufhin ein Stück hinter das Auto, da wir ja nicht nur zum Vergnügen, sondern zum trampen dort standen. Daraufhin wünschten uns die Polizisten einen guten Tag und kehrten zu ihrer 15 Meter entfernten Schattenecke zurück.

Warum sich die Polizei die Zeit an dieser Kreuzung vertreibt wurde uns spätestens dann klar, als ein Auffahrunfall passierte. Wie praktisch das die Polizei sogleich als Helfer mit Rat und Tat zur Seite stand. Wahrscheinlich hätten sich die Besitzer der Autos lieber untereinander geeinigt, aber nun wurde alles offiziell gemacht. Wir waren dagegen froh, dass die Polizei endlich eine Aufgabe hatte und uns in Frieden ließ.

Nachdem der Auffahrunfall abgeklärt war, kehrte die Polizei wieder in den Schatten zurück und wir stoppten auch endlich einen LKW. Er war nicht der neueste, um genau zu sein hatte er bereits 25 Jahre auf dem Buckel. Es war ein klappriger alter Ford und für mich schien es zu Beginn fraglich, wie wir zwei mitsamt unseren riesigen Rucksäcken in die Fahrerkabine passen sollten. Der Fahrer war allerdings davon überzeugt, dass es möglich ist und so stiegen wir ein. Erst packten wir meinen Rucksack auf die Lehne der Sitzbank, dann gab Augustas mir unseren kleinen Tagesrucksack und dann stieg er mit seinem knapp 30 Kilo schwerem Monstrum von Rucksack ein. Es war eng, sehr eng, aber wir mussten dem Fahrer recht geben, wir passten hinein. Ich sass also halb schräg, mit dem Oberkörper näher zum Fahrer, mit denn Beinen Richtung Augustas. Der Tagesrucksack lag auf meinem Schoß und mein Rucksack auf der Sitzlehne drückte mich gehörig in eine eine kugelige Position. Ich kam mir vor wie beim Wassereimer schleppen, die doch früher noch an einem dicken hölzernem Ast befestigt und so über die Schultern und den Nacken gehangen wurden. Da ich auch neugierig war und dafür meinen Kopf ab und an anheben musste, trainierte ich also gleichzeitig meine Nackenmuskeln. Es war so warm, puh… Augustas sass neben mich gequetscht, halb nach unten gerutscht da und wurde von seinem Rucksack, der quer von der Mitte der Frontscheibe bis zur Beifahrertür führte regelrecht erdrückt. Noch dazu kam, dass mein Rucksack auch in seinem Nacken Platz fand, was für Augustas nicht gerade eine Erleichterung war. Er schwitzte was das Zeug hielt und wenn man sich uns beide jetzt vorstellt, kann man sicher einstimmig sagen, dass wir nicht allerbester Stimmung waren. Noch dazu kam, dass der Wagen auf dem Boden der Beifahrerseite zwei Navigationsstangen aus Metall hatte, die ca. 30cm aus dem Boden ragten. Wir konnten uns also überhaupt nicht rühren. Aber gut, später verschaffte sich Augustas ein wenig Erleichterung damit, dass er seinen Rucksack halb aus dem Beifahrerfenster hing und den Rest auf unseren Knien ablagerte. Trotz der misslichen Lage hatten wir zumindest jemanden gefunden, der uns bis nach Mama bringt, was eine Strecke von 45km bedeutete und letztlich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 38km/h innerhalb von 1,5 Stunden passierte. Wir waren Jose wirklich dankbar, auch wenn es nicht so scheinen mag. Wir  schafften es in unserer Situation sogar noch ein Gespräch zu führen. Dabei kam soviel heraus, dass er 42 Jahre alt ist, seine Mutter bereits ein Alter von etwas mehr als 50 Jahren hat und das er zwei Töchter im Alter von 16 und 18 Jahren hat. Auch kamen wir dahinter, dass er Zementpulver von Merida bis nach Oxkutzcab (sprich: Oschkutzkab) bringen musste. Von uns erfuhr er leider wenig, da die Energie dafür einfach nicht mehr ausreichte. Es erforderte nämlich so einiges an Puste, das laut klappernde Ford-Gefährt zu übertönen.

Wir lernten auf dieser Fahrt ausserdem, dass es hier in Mexiko wohl besser ist das wirkliche Ziel der Reise, in diesem Fall Mama, zu nennen, da es sonst zu Mißverständnissen kommt. Als Jose anhielt fragten wir, ob er zumindest bis Tecoh fährt und später im Gespräch erklärten wir, dass wir erst in Mama aussteigen würden, da er ja eh noch weiter fährt. Als wir uns dann Tecoh näherten, steurte er fälschlicherweise die Stadt an. Er verstand einfach nicht, dass wir jetzt nach Mama wollten, hatten wir zu Beginn doch Tecoh als Reiseziel angegeben. Irgendwann verstand Jose uns und versuchte wieder auf die Hauptstrasse Richtung Mama bzw. Oxkutzcab zu kommen. Das Problem dabei war, dass die einzig wirklich befahrbare Strasse in Tecoh wegen eines riesigen Festes gesperrt war. Jose folgte also der Umleitung, die letztlich auf einem Feldweg endete. Als er sich dann Auskunft einholte, wo denn dieser Feldweg hinführt und wir diesen mit etlichem Vor- und Rückwärtsmanövieren hinter uns brachten, kamen wir endlich wieder auf die Hauptstrasse zurück und konnten unsere ach so bequeme Reise glücklich fortsetzen.

Als wir dann aus dem Truck ausstiegen, trieften unsere Hosen als hätten wir gerade damit gebadet. Wir machten noch ein Foto von ihm und gingen dann unseren Weges.

Der Grund, warum wir unbedingt nach Mama wollten, ist die Assoziation mit unseren daheimgebliebenen Müttern. Wir stellten uns vor anzukommen, am Ortseingang wo “MAMA” geschrieben steht ein Foto zu machen und dann weiter Richtung Süden zu ziehen. Es gab auch ein Schild nahe der Strasse, die nach Mama hereinführte, allerdings kein Ortsschild, sondern eines, was eine touristische Attraktion ankündigte. Mir war das gleich, hauptsache da steht MAMA, doch Augustas meinte, es würde noch ein grünes Ortseingangsschild geben, wir müssten nur ein wenig laufen. Am Ende liefen wir durch das gesamte Dorf und fanden erst am Ortsausgang ein Schild auf dem MAMA geschrieben stand. Nun endlich, Stunden später, kamen wir also zu unserem Foto!

Es hieß dann weitertrampen und schließlich kamen wir in Ticul an. Als wir dort ausstiegen, kam Augustas auf die Idee einen Fahrradtransport zu benutzen, da ihm nicht der Sinn nach weiteren Kilometern mit dem Rucksack auf dem Rücken stand. Ein Fahrradtransport ist ein Gefährt, an dem hinten ein normales Fahrrad zu sehen ist und vorne statt des Vorderrades ein kleiner Wagen mit Sitzbank, die überdacht iSanta Es ist ein sehr gewöhnliches Fortbewegungsmittel in Mexiko. Augustas bat mich dann zu handeln, ich dagegen fühlte irgendwie, dass ich das nicht wollte. Ich handelte also misserable, einfach weil ich wahrscheinlich keine Lust hatte. Oder aber, weil ich fühlte, dass in Ticul noch etwas auf uns wartet. Und so war es dann auch. Augustas war allerdings etwas schlecht gestimmt über meine “Faulheit” über den Preis zu feilschen.

Uns fiel ein, dass wir noch Batterien brauchten und gingen deshalb in den nächstbesten Elektroladen. Dort wurden eigentlich nur Kühlschränke, Waschmaschinen und sonstige Elektrogeräte verkauft, aber keine Batterien. Der Verkäufer meinte, dass er zwar Batterien habe, die aber nicht verkäuflich wären. Statt postwended herauszugehen, warteten wir ein wenig, da er sich plötzlich auf die Suche nach den Batterien begab. Er fand sie, gab uns eine neue Packung und wir fragten, wieviel sie wohl kosten würde. “Nichts”, war seine Antwort und auch wenn wir es nicht glauben konnten, gingen wir aus dem Laden mit 4 nagelneuen AA Batterien ohne einen Cent zu bezahlen. Das war das erste Wunder des Tages.

Wir gingen die Strasse weiter und fragten in einem Restaurant nach, ob wir in der Toilette unsere Wasserflaschen auffüllen könnten. “Sie wollen Trinkwasser?”, fragte der Kellner und statt uns in die Toilette zu führen, verschwand er mit unseren zwei Trinkflaschen. Kurze Zeit später kam er heraus und gab uns freudestrahlend die beiden Flaschen gefühlt mit Trinkwasser zurück, ohne auch nur einen Cent zu verlangen. Dss war das zweite Wunder, dass über uns hereinbrach.

Noch immer fassungslos über unsere Errungenschaften gingen wir weiter bis zu einem Gemüseladen. Dort kauften wir Bananen, zwei Birnen und einen kleinen Kürbis. Zwischendurch sprachen wir noch mit dem Verkäufer, wie wir so reisen und warum wir das machen und während wir all die leckeren Speisen auswählten, kroch er unter ein Regal. Er zog eine Kiste mit Apfelsinen hervor und fühlte einen Beutel. Wir dachten er hat uns mißverstanden. Ich fragte also erstmal vorsichtig nach dem Preis, woraufhin er meinte, “Das ist für die Reise, dass schenke ich euch.” Uns war das Erstaunen ins Gesicht geschrieben. Wie sollten wir uns nur dankbar für all diese Sachen zeigen? Wir wussten es nicht, entschieden daher einn Foto von ihm zu machen. Wir bedankten uns dann noch mit Worten, nahmen seine Hand zwischen jeweils unsere Beiden und verließen mit einem eingravierten Lächeln in unseren Gesichtern diesen Obst- und Gemüseladen. Da waren es schon drei Wunder, die uns in Ticul aufwarteten. Jetzt verstand Augustas endlich, warum mir nicht nach handeln mit dem Fahrradtransport war.

Wir liefen bis zum Ende der Stadt und aßen dort erstmal genüsslich ein paar Apfelsinen. Wir saßen direkt vor einem Haus, in dem kurz nach unserem Niederlassen ein Junge mit Fahrrad auftauchte. Er schien erst wenig interessiert an uns, fuhr wieder weg und kam dann mit weiteren drei Jungs im Schlepptau zurück. Zwischenzeitlich malten wir uns schon aus, dass wir doch optimal vor dem Haus zelten könnten, aber da der Junge nach seiner Rückkehr bald meinte, dass sein Vater nicht zu Hause war, begruben wir dieses Vorhaben. Wir kamen etwas besser ins Gespräch mit den Jungen, die offensichtlich all ihr bisher antrainiertes Machogehabe einsetzen, um uns zu imponieren. Unter anderem brachten sie uns quietsch-grüne, viel zu saure Apfelsinen, womit das vierte Wunder des Tages erreicht wurde. Irgendwann lenkte ich das Gespräch auf unsere Herkunft und zeigte ihnen eine Karte von Europe. Sie kannten Litauen noch nicht und wussten geografisch auch nicht, wo Deutschland und Litauen liegen. Das war interessant für die vier Jungs, von denen wir uns aber bald verabschiedeten, da ein Transporter für uns anhielt.

Dieser war voll mit Mayas, die auf dem Weg nach Santa Elena waren. Während der Fahrt, zeigte uns einer der Mayas eine katholische Zeitschrift, die in der Maya-Sprache verfasst wurde. Wir waren erstaunt, hatten wir doch bisher nur von dieser Sprache gehört, sie aber noch nie gesehen. Der Herr laß uns einige Sätze vor, die wir aber so nicht wiedergeben können. Ähnlich wie im Französischen, wird die Sprache nämlich völlig anders geschrieben als sie gesprochen wird. Diesmal waren es wir, die fasziniert jemanden zuhörten, bis wir vor einem offizielem Campingplatz herausgelassen wurden. Da wollten wir eigentlich nicht hin, aber mal wieder wurden wir mißverstanden. Ist ja nicht alle Tage, dass zwei Europäer durch die Gegend trampen und nach einem ruhigem Plätzchen für die Nacht suchen. Schräg gegenüber vom Zeltplatz war ein Fußballfeld. Wir dachten, dass wir vielleicht dort zelten könnten, allerdings kamen alsbald die Dorfbewohner für eine Partie Fußball dorthin. Die Mayas boten uns an, bis zur naheliegenden Ruine Kabah zu bringen. Ich fand die Idee toll, aber wir entschieden uns in Santa Elena zu bleiben. Die Mayas gaben uns den Tip, es auch him Dorfzentrum zu versuchen und meinten, wir könnten dort überall zelten. Aber nach so viel Öffentlichkeit war uns einfach nicht, sodass wir ersteinmal in dem Zeltplatz einkehrten. Der Preis von 45 Pesos (4,5 $) pro Person pro Nacht fürs Zelten ließ uns dann aber sofort umkehren. Wir gingen dann Richtung Dorfmitte und fanden alsbald eine Schule. Wir fragten die Nachbarn, ob wir dort zelten könnten und wen wir dazu um Erlaubnis bitten müssen. Sie meinten dann, dass wir einfach über den steinernen Zaun steigen und dort nächtigen können. Das taten wir auch und obwohl der Platz dreckig und nicht weit von der Strasse entfernt lag, war es doch ein guter Platz für die Nacht. Da die Strasse gut befahren und die Hähne und Hühner sehr nachtaktiv waren, kam ich dann leider zu recht wenig Schlaf.

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